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Botschaften aus Babel: Ina Pfitzner (ipf)

Kindheit in Entenhausen

Blubberlutsch und Klickeradoms

Generationen bundesdeutscher Kinder und Jugendlicher sind mit Donald Duck und Co. aufgewachsen. Geprägt hat sie vor allem auch die besondere Sprache der deutschen Texterin Dr. Erika Fuchs.

Dieser Tage hielt ich zum ersten Mal ein Donald-Duck-Heft in den Händen und dachte mir: Hm, sprechende Enten, die wie Menschen fühlen und handeln? Für viele sind die Namen, Aussprüche und Wortschöpfungen feste Bestandteile des Sprachschatzes geworden. Doch warum ist das so? Das Buch „Nur keine Sentimentalitäten!“ von Ernst Horst gibt einige Antworten und ist zugleich eine kleine Geschichte der jungen Bundesrepublik. Dass nämlich Dr. Erika Fuchs fast Kultstatus und eine eingehende Werkanalyse zuteil wird, hat sicher damit zu tun, dass sie weniger übersetzt, als vielmehr selbst schöpft.

Als Anfang der 1950-er Jahre Micky Maus und Donald Duck auf Deutsch eingeführt wurden, galt es verschiedene Dinge zu beachten: Da schon das Genre, der Comic, neu und ungewohnt und amerikanisch war, sollte das Publikum nicht mit Fremdem überfordert werden, und die Serie musste für Kinder geeignet sein. Dr. Erika Fuchs wurde eingestellt, um dem Ganzen Seriosität zu verleihen und sie schrieb es sich auf die Fahnen, menschliche Werte und die deutsche Sprache zu vermitteln.

Das zeigt sich in der Auswahl der Texte (keine Grausamkeiten, keine sexuellen Anspielungen) und in inhaltlichen Eingriffen, wo sie Brutalität abfängt und Gesetzesverstöße abmildert: „Wir sind Mitteleuropäer und dementsprechend geraten mir die Texte.“ Es geht also weniger darum, möglichst viel vom Original adäquat auf Deutsch zu vermitteln, das heißt, tatsächlich zu übersetzen, als darum, deutsche Worte zu den vorhandenen Bildern zu finden. Und zwar: „ein möglichst reicher Wortschatz, weil Kinder fragen können und lernen sollen.“

So entsteht ein ganz eigenes Entenhausen: Vor amerikanischer Kulisse – Häusern, Briefkästen, Wüsten, Flüssen – gibt es so Urdeutsches wie „die Gruppe 47“, und man spricht fast klassisches Deutsch, in rhetorischen und historischen Formen. Jede Figur hat ihre charakteristische Sprache, Namen werden fröhlich alliteriert (daher also Daniel Düsentrieb), Klassikerzitate abgewandelt, Schlager- und Liedtexte zitiert. Bekannt ist Dr. Erika Fuchs für den sogenannten Erikativ – stöhn, klimper (lautmalerisch) und grübel, zitter (gefühlsmalerisch) – und für so treffende Wörter wie „Blubberlutsch“ für eine bestimmt furchtbar süße Limonade. „Klickeradoms“, das Geräusch einer auf dem Boden auftreffenden Zinkwanne voller Glühbirnen, hätte auch von ihr sein können, wenn es nicht schon bei Wilhelm Busch gestanden hätte. Die Sprache gibt den Geschichten Form, und sie haben immer einen Spannungsbogen und eine Moral.

In der DDR lasen Kinder ab 1955 das Mosaik. Mit den Digedags reisten wir ins Weltall, in den Orient, ins Mittelalter, in die USA des 19. Jahrhunderts. Es wurde weniger erzogen als gebildet, und es wurde Fremdes und Lokal- und Zeitkolorit vermittelt. Auch das prägte, nicht so sehr sprachlich, aber inhaltlich. Tja, und wenn ich jetzt leise lächelnd in Erinnerung schwelge und mir warm ums Herz wird, dann denk ich: So also muss es denen gehen, die mit Donald Duck groß geworden sind.

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