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Botschaften aus Babel: Stefan Volk (smv)

Die Übersetzer Ulrich Blumenbach, Ingo Herzke und Uli Aumüller

Desperados der Literaturszene

Übersetzer arbeiten oft im Verborgenen. Das wollen wir ändern. Daher berichten wir an dieser Stelle von interessanten Übersetzungen und Übersetzern und erläutern Fragen zur Arbeit zwischen den Sprachen.

Mögen Sie Blumenbach? Kennen Sie das Letzte von Ingo Herzke? Haben Sie den „Fremden“ gelesen? Falls ja: Den von Uli Aumüller oder den von Georg Goyert? Sie meinen, „Der Fremde“ sei doch von Albert Camus? Ja, auf Französisch – aber auf Deutsch?

Es ist doch wohl so: Vieles, was Sie lesen, ist übersetzt und stammt somit nur mittelbar von David Foster Wallace, Alan Bennett oder eben Albert Camus. Zumindest teilweise verdanken Sie diese Bücher jenen Männern und Frauen, deren Namen es meist nicht auf die Buchdeckel schaffen. Es ist diese stille, fleißige Armee von Übersetzern, die Deutschland zur größten Übersetzernation der Welt machen, und Deutsch zu der Sprache, in die am meisten übersetzt wird. Doch niemand kennt sie. Übersetzer bleiben chronisch unsichtbar. Völlig zu Unrecht.

Inzwischen gibt es von offizieller Seite mehr Aufmerksamkeit, Preise und Stipendien, die wenigstens für einige wenige ein Trostpflaster für schlechte Bezahlung, Termindruck und die geringe Wertschätzung der Übersetzer auf dem Markt und der Öffentlichkeit sind. Auf der Frankfurter Buchmesse kann man dem „Gläsernen Übersetzer“ über die Schulter schauen und seine Arbeit verfolgen. Das ist lobenswert, aber auch irreführend, denn so wie dort gesehen entstehen höchstens Rohfassungen. Übersetzen ist eben keine 1:1-Übertragung, bei der der Übersetzer einfach nur aufschreibt. Denn wenn das ginge, dann könnte man die Originaltexte in eine Maschine stecken und würde hinten eine fertige Fassung herausbekommen. Auch wenn es nach einer vorgegebenen Form geschieht, braucht Übersetzen Konzentration, Innehalten, Überlegen, Nachschlagen, Liegenlassen, Hinundherlaufen - ganz wie das Schreiben selbst.

Spätestens die Anschläge auf die Übersetzer von Salman Rushdies „Satanischen Versen“ (Hiroshi Igarashi, Ettore Capriolo und Aziz Nesin) haben gezeigt, dass der Übersetzer Mitverantwortung für den Text übernimmt. Es geht ja nicht nur darum, angemessene Worte für die des Dichters zu finden, sondern auch fremde Sichtweisen auf die Welt und fremde Realitäten zu interpretieren und in der besonderen Sprache des zweiten Autors zu transportieren. Und dann ist da auch immer die Gratwanderung zwischen Originaltreue und Lesbarkeit, zwischen Verfremden und Eindeutschen, an der manche Übersetzer auch scheitern. So kommt es, dass sich „Der Fremde“ mal traditionell und literarisch, mal jung und lakonisch anhören mag. „Traddutore traditore“ sagen deshalb böse die Italiener: Übersetzer-Verräter. Dabei sind sie wohl eher Desperados, die sich ihrer unmöglichen, nie erledigten Aufgabe immer wieder tapfer stellen.

Wenn Sie also das „geniale Deutsch“ in „Unendlicher Spaß“ bewundert haben, dann war es das von Ulrich Blumenbach, wenn Sie „Die souveräne Leserin“ lieben, dann mögen Sie Ingo Herzke, und den „Fremden“ können Sie jetzt neu von Uli Aumüller lesen. Auch bei dem nächsten ausländischen Buch, das Sie in die Hand nehmen, gibt es garantiert ein „Übersetzt von...“

David Foster Wallace: Unendlicher Spaß – Infinite Jest. Übersetzt von Ulrich Blumenbach. Kiepenheuer & Witsch, 1648 Seiten, 39,95 Euro

Alan Bennett: Die souveräne Leserin. Übersetzt von Ingo Herzke. Wagenbach, 120 Seiten, 14,90 Euro

Albert Camus: Der Fremde. Übersetzt von Uli Aumüller. Rowohlt, 160 Seiten, 10 Euro

 

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