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Botschaften aus Babel: Ina Pfitzner (ipf)

Ein Gespräch mit Christa Schuenke

Sprachpflegerisch unterwegs

Christa Schuenke ist mit Leib und Seele Übersetzerin. Sie engagiert sich: für die Literatur, für die Rechte der Übersetzer und für Autoren im Exil. In unserem Gespräch spricht sie über …

… lukrative Übersetzungen
Am lukrativsten sind vermutlich Bestseller. Hätte ich gern gemacht –  wenigstens ein Buch für ein kleines Polster auf dem Konto. Was ich übersetzt habe, ist mega-unlukrativ. Eigentlich kann man sich das nicht leisten, ohne zweites Familieneinkommen, als alleinerziehende Mutter. Das kann gar nicht funktionieren.
 
… die Wendezeit
Erst einmal krähte kein Hahn nach mir und auf 50 todesmutige Bewerbungen kam keine Antwort. Durch kollegiale Solidarität gab es dann irgendwann den ersten Auftrag – ein außerordentlich schwieriges Sachbuch. Dann habe ich drei Jahre fast nur Sachbücher übersetzt, bis mir ein Lektoratsbüro ein Buch für Lübbe anbot, gehobene Damenunterhaltung. Das hat großen Spaß gemacht, war natürlich schlecht bezahlt. Ich habe mich oft gewundert, dass keine anderen Angebote kamen, weil ich ja schon einen Namen hatte.
 
… das Übersetzen von Gedichten
Früher habe ich selbst Gedichte geschrieben, aber dann fand ich, dass es eine Aufgabe sein könnte, einige der vielen richtig guten Gedichte auf der Welt zu übersetzen. In der Lyrikbewegung der DDR gab es für uns schreibende Anfänger Seminare zur Verslehre usw. Vieles davon kommt mir noch heute zugute. Ich erkenne ziemlich schnell, wie ein Gedicht gemacht ist und wo man mit dem Verstehen und dem Übersetzen ansetzen muss. Man fängt eben nicht immer mit dem ersten Vers an, sondern mit der Reimstruktur oder den Metaphern oder der Initialidee, und daraus ergibt sich alles andere.

… die Rolle von Übersetzungen im Diskurs um das Werk
Bei einem Klassiker, der noch nicht übersetzt ist, eröffnet man sozusagen den Diskurs, das ist auch spannend. Aber bei Neuübersetzungen ist meine Überzeugung, dass keines dieser Werke noch am Leben wäre, wenn man sie nicht immer wieder neu übersetzt hätte. Ingold behauptet in der NZZ, man müsse nur die idealen Lösungen vorhandener Übersetzungen zusammenbauen, dann hätte man den idealen Text. Aber so ist es eben nicht: Tausend ideale Sätze ergeben keinen idealen Text.
 
… die Arbeit mit Praktikanten
Wir Übersetzer sind mit einem sprachpflegerischen Auftrag unterwegs, und begabte junge Leute muss man fördern und ihnen etwas abgeben. Ich habe versucht, Praktikanten ins Übersetzen einzubeziehen, aber mit den Produkten konnte ich fast nie etwas anfangen. Ich hatte wohl zu viel vorausgesetzt, und es kam zu Frustrationen auf beiden Seiten. Meine Empfehlung: Lesen, lesen, lesen. Und zwar auf Deutsch.
 
… ihre Aktivität im Verband der Übersetzer
Es betrübt mich, dass der VdÜ die Vergütungsregel mit Random House abgelehnt hat. Sie war, denke ich, ein ausbaufähiger Kompromiss und letztlich besser als die BGH-Urteile.
 
… ihr Engagement im deutschen PEN
Ich kämpfe sehr, um mehr Übersetzer in den PEN zu bringen, das ist bei uns unterentwickelt. Mit dem Writers in Exile-Programm kann ich wirklich etwas tun für Autoren, die in ihren Ländern verfolgt werden. Im Salon Exil will ich den Leuten in der Umgebung klarmachen: Hier lebt ein Schriftsteller. Diese Menschen müssen ihre Würde als Autoren wiederbekommen, denn hier sind sie Bittsteller und das ist für niemanden schön. Ein Autor als öffentliche Person braucht eine Bühne, und die versuche ich aufzubauen.
 
… ihre Traumübersetzung
Die habe ich schon gemacht: die Shakespeare-Sonette, die mir noch heute viel Freude bereiten. Das war nach ’89, als sich die Angebote nicht so drängelten, ohne Auftrag und ohne Stipendium. Die glücklichsten vier Jahre meines Lebens habe ich mit Shakespeare verbracht, als er noch jung war – und ich auch.

William Shakespeare: Sonette. dtv, 167 Seiten, 9,90 Euro

John Banville: Unendlichkeiten. Kiepenheuer & Witsch, 288 Seiten, 19,99 Euro

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