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Wiederentdeckte Klassiker: Vera Schumacher (vs)

Der Jugendbuch-Klassiker

Michael Ende: Momo

Neben der „Unendlichen Geschichte“ und seinen Jim-Knopf-Romanen machte vor allem ein Werk Michael Ende unsterblich: das erstmals 1973 veröffentlichte Märchen „Momo“. Nicht zuletzt dank seiner erfolgreichen Verfilmung aus dem Jahre 1986 (unvergesslich: Radost Bokel als Momo) und mehreren Vertonungen gilt es auch über ein Vierteljahrhundert nach seinem Erscheinen als Jugendbuch-Klassiker. Endes Bücher sind aus der Jugendliteratur nicht mehr wegzudenken, und dennoch ist ihre heutige Bekanntheit vor allem seiner Beharrlichkeit und einem glücklichen Zufall zu verdanken.

Nachdem 1958 über zehn Verlage das Manuskript zu „Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer“ abgelehnt hatten, wagte sich schließlich der Thienemann-Verlag, das Erstlingswerk des Autors in Form von zwei Teilen zu veröffentlichen. Doch obwohl der erste Band mit dem Deutschen Jugendbuchpreis prämiert wurde, war sein literarisches Wirken lange Zeit umstritten, da ihm im Nachkriegsdeutschland Eskapismus vorgeworfen wurde.

In Italien fanden der Schriftsteller und seine Ehefrau Ingeborg Hoffmann eine neue Heimat, in der sich Michael Ende, fernab von der für ihn als erstickend empfundenen Debatte, auf das Schreiben konzentrieren konnte. Die neue Wahlheimat wurde auch zu „Momos“ Geburtsstätte.

Die Hauptfigur dieser Geschichte ist das kleine Waisenmädchen Momo, das von den Bewohnern einer Kleinstadt in einem alten Amphitheater gefunden wird. Dank ihrer Fähigkeit, wirklich zuhören zu können, verzaubert sie ihre Mitmenschen und findet in ihnen eine Familie. Gleichzeitig bringt sie gerade diese besondere Gabe ins Visier einer grau uniformierten, äußerst unheimlichen Gangsterbande, die es auf die wertvolle Lebenszeit der Stadtbewohner abgesehen hat. Meister Secundus Minutius Hora, der Zeitverwalter, und seine gepanzerte Helferin, die Schildkröte Kassiopeia, erkennen die Gefahr und helfen Momo.

Um seine Freunde vor der Bedrohung durch die Zeit-Diebe zu bewahren, wächst das Mädchen schließlich über sich hinaus. Dabei öffnet die kleine Protagonistin nicht nur ihren Mitmenschen, sondern auch den Lesern die Augen für den Wert wahrer Glücksmomente und des „großen und doch ganz alltäglichen Geheimnisses.“

Und genau dieses Mysterium stellt das Herzstück der Geschichte dar: „Alle Menschen haben daran teil, jeder kennt es, aber die wenigsten denken je darüber nach. Die meisten Leute nehmen es einfach so hin und wundern sich kein bisschen darüber. Dieses Geheimnis ist die Zeit.“ Die tiefsinnigen, harmonisch abgeschmeckten Worte des Autors und die Magie des Märchens begleiten den Leser auch noch lange Zeit, nachdem er das Buch zugeklappt hat.

In der heutigen, schnelllebigen Welt, in der es an Zeit und der Fähigkeit, wirklich zuhören zu können, mangelt, scheint der Jugendbuch-Klassiker aktueller denn je. Des Weiteren ist der Roman so universell, dass er verschiedene Altersklassen anspricht: Während sich junge Leser mit dem mutigen und lebenslustigen Kind identifizieren, weckt das Werk bei einer ganzen Generation erwachsener Leser Kindheitserinnerungen.

Mit ihren lebendigen Figuren, subtilen gesellschaftskritischen Untertönen sowie einer fundamentalen Lebensweisheit, die der Autor feinfühlig mit der Geschichte verwoben hat, ist „Momo“ auch neuen Lesern wärmstens zu empfehlen. Dank der ansprechenden Aufmachung des herzerwärmenden Schmökers fällt es umso leichter, sich der Maxime „Spare Zeit!“ der grauen Herren zu widersetzen und statt des Films einmal wieder das Buch zur Hand zu nehmen.

Michael Ende: Momo. Carlsen, 320 Seiten, 7,95 Euro

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