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Ein Hitler-Klon namens Dolfi

Die nächste Hitler-Satire steht in den Startlöchern. Diesmal zeichnet ein französischer Autor dafür verantwortlich. Doch im Gegensatz zu „Er ist wieder da“ ist der machtbesessene Führer in „Dolfi und Marylin“ nur Mittel zum Zweck.

Das Titelmotiv des broschierten Buches lässt es erahnen: Hinter den titelgebenden „Dolfi und Marylin“ verbirgt sich niemand geringeres als Adolf Hitler und Marylin Monroe. Beziehungsweise deren Klone. Denn obwohl die beiden 19 Jahre zeitgleich auf unserer Erde verbrachten, haben sie keine gemeinsame Vergangenheit. Dafür eine gemeinsame Zukunft, sofern es nach dem Autoren mit dem fingierten Namen François Saintonge geht, der nach eigenen Angaben selbst der Klon eines erfahrenen französischen Schriftstellers.

Saintonge beamt uns ins Jahr 2060, eine Zukunft ohne große Unterschiede zur Gegenwart mit Ausnahme der Existenz von als Spielkameraden gehaltener Klone. Die Kopien sind darauf programmiert, keinerlei Ego und Eigenliebe zu haben. Klone berühmter Persönlichkeiten sind sogar ein begehrtes Luxusgut. In einem Pariser Vorort gerät der Lehrer und Historiker Tycho Mercier durch einen Supermarkt-Tombola-Gewinn unfreiwillig in den Besitz von A.H.6, dem sechsten von zwölf existierenden, eigentlich verbotenen Hitler-Klon. Doch der ist wesentlich friedlicher als sein einstiges Original und tut brav, was man ihm sagt. Dennoch versucht Tycho den unwillkommenen Gast mit allen Mitteln loszuwerden. Seine Versuche scheitern allerdings. Und als er dann noch den Marilyn-Klon seines Nachbarn erbt, der sich zu allem Überfluss als illegale, fernöstliche Raubkopie entpuppt, ist Ärger vorprogrammiert. Als „Dolfi“ durch unglückliche Umstände im Fürstentum von Reinhard Gentschel landet, eines 130 Jahre alten Milliardärs, ist das Chaos perfekt. Der Altnazi will Germania bauen, die Hauptstadt, von der der reale Hitler einst träumte …

Die vermeintliche Hitler-Satire à la „Er ist wieder da!“ entpuppt sich am Rande von Ironie („Kann ich den Führer die Hecke schneiden lassen?“) und Überspitzheit (Klon Dolfi spielt mit Tychos Sohn am PC „Blitzkrieg“) als mehr, nämlich als nachdenklicher Roman über die ethische Frage des Klonens, den Umgang der Menschen mit Klonen und der Kopierbarkeit der Seele. In Frankreich wurde das geistreiche Buch zum Überraschungserfolg. Spätestens seit „Er ist wieder da“ dürfte in Deutschland der Weg zu gleichem Status geebnet sein.

François Saintonge: Dolfi und Marilyn
Carl’s Books, 288 Seiten, 14,99 Euro, als E-Book erhältlich

 

 

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