Freigeister als Gewohnheitstiere

Für das unterhaltsame Büchlein „Musenküsse“ hat Autor Mason Currey die Alltagrituale von 88 Künstler aus drei Jahrhunderten zusammetragen.

Es kommt nicht häufig vor, dass die Übersetzung eines Buchtitels den Namen der Originalfassung übertrifft. „Musenküsse“ ist eine solche Seltenheit. Vielleicht sogar das Paradebeispiel. Denn obwohl es in dem Büchlein um den Ursprung der scheinbar unerschöpflichen Kreativität der berühmtesten Freigeister dieses Planeten geht, hätte der Originaltitel pragmatischer nicht lauten können: „Daily Rituals - How artists work“. Mason Currey hat diese über Jahre aus Briefen, Tagebucheinträgen oder Interviews zusammengetragen. Der amerikanische Journalist wollte wissen, wie berühmte Künstler ihren Alltag gestalten, um möglichst produktiv und kreativ zu arbeiten und sammelte seine Recherchen in dem Blog „Daily Routines“. 88 Namen aus drei Jahrhunderten haben es schließlich in das aufschlussreiche und amüsante Büchlein „Musenküsse“ geschafft, das in das Bücherregal jedes Kreativen gehört. Kafka, Goethe und Schiller. Warhol, van Gogh und Picasso. Oder Mozart, Beethoven und Strauss. Es sind die großen Persönlichkeiten aus Literatur, Kunst, Film und Musik, von denen Currey Abläufe, Spleens und Macken eines gewöhnlichen Tages aufgespürt hat. Freigeister als Gewohnheitstiere. Woody Allen steht 40 Minuten unter der Dusche für neue Ideen. Günther Grass schreibt niemals nachts. F. Scott Fitzgerald benötigte für den Schreibprozess Alkohol – am liebsten Gin. Und Haruki Murakami muss sich an einen Strikten Tagesablauf halten, während er an einem Roman arbeitet, um einen hypnotischen Effekt zu erreichen, der in auf einen andere Bewusstseinseben hievt. Dabei steht der Japaner stets um 4 Uhr auf. Ohnehin erfährt man in „Musenküsse“ nahezu von jedem der 88 Berühmtheiten die Bettzeiten. Autor Curry stand während des Verfassens des Buches übrigens ebenfalls sehr früh auf. Ihn küsste die Muse aber erst ab 5.30 Uhr.