Ein Unglück, das man bis zum Ende verteidigen muß. Briefe 1941 - 1956
SACHBÜCHER
Informationen: , 45 €
Verlag: Suhrkamp
Rezension
Samuel Beckett wurde 1949 von einem Schwarm Eintagsfliegen eskortiert. Er sah, dass sie alle zum Fluss flogen, sich über dem Wasser liebten, um danach von den Fischen gefressen zu werden. Diese Fliegen erinnern an die typische Beckett-Figur. In seinem berühmtesten Drama "Warten auf Godot" heißt es nüchtern: "Sie gebären rittlings über dem Grabe, der Tag erglänzt einen Augenblick, und dann von neuem die Nacht." Seither versuchten viele, Godot zu deuten. "Daß etwas so skelettartig Einfaches so kompliziert werden kann, übersteigt meine Begriffe", schreibt Beckett dazu 1955 an Pamela Mitchell, seine ehemalige Geliebte. Der irische Schriftsteller verfasste ungefähr 15000 Briefe. Einen Teil davon präsentieren George Craig und Co. in vier Bänden, von denen nun der zweite vorliegt. Er zeigt einen traurigeren Beckett in den Nachkriegsjahren, der mit seinen Herausgebern, Übersetzern, Regisseuren und Freunden wortreich korrespondierte und dabei häufig selbstverachtende Töne anschlug. Er ließ seine Muttersprache hinter sich, schrieb fortan auf Französisch. Dies entsprach Becketts "Bedürfnis, schlecht gerüstet zu sein", eine Sprache zu erschaffen, die sich zunehmend selbst reduziert, verstümmelt, immer winziger wird.
(jw)