Seit Schnitzlers "Leutnant Gustl" gilt der innere Monolog als Standardwerkzeug im Repertoire deutschsprachiger Prosaautoren. Peters bringt es in dieser Hinsicht zu neuer Meisterschaft. Sämtliche Kapitel aus Sicht der Protagonistin Annegret Bartsch, einer Berliner Kommissarin, bestehen aus einem einzigen Gedankenstrom der frustrierten und überforderten Polizistin. Den Punkt als Satzzeichen gibt es jeweils nur ein Mal: am Ende eines Kapitels. Peters zeigt damit eine Frau, die ihre Gefühle nicht im Griff hat, sie fließen ihr quasi davon. Im Gegensatz dazu agiert ihr Gegenspieler, Mitglied der japanischen Mafiaorganisation Yakuza, der dem asiatischen Ideal des ruhigen und organisierten Menschen entspricht. Wie sich die Lebenslinien dieser beiden Menschen kreuzen, erzählt Peters vor dem Hintergrund einer spannungsgeladenen Krimihandlung in einer stets dem Umfeld der Figuren adäquaten Sprache. "Der Arm des Kraken" ist somit ein experimenteller Großstadtkrimi. Der Autor seziert die Psychologie seiner Figuren sehr genau, und letztlich erkennt der Leser gut, wie sehr sich die Protagonisten bei aller Unterschiedlichkeit der Lebensentwürfe in den Brüchen ihrer Biografie doch wieder ähnlich sind.
(ct)
Seit fünfzehn Jahren ist Annegret Bartsch Kommissarin im Vietnamdezernat der Berliner Polizei – seit zehn Jahren hat sie niemanden mehr vor Gericht gebracht. Während der Job sie zunehmend frustriert, wachsen zugleich die Spannungen zu Hause. Ihr Mann entpuppt sich als nörgelnder Eigenbrötler, die 8-jährige Tochter Lizzie geht ihr zunehmend auf die Nerven. Als der Japaner Yuki O. erschossen im Teich einer Parkanlage aufgefunden wird, steht Annegret Bartsch zunächst vor einem Rätsel. Vieles deutet darauf hin, daß Yuki O. zur japanischen Yakuza gehört hat und mit den Clans der vietnamesischen Mafia aneinandergeraten ist. Ihre Ermittlungen führen die Kommissarin in ein Labyrinth von vietnamesischen Gastronomiebetrieben, Import-Export-Firmen, Lebensmittelhandlungen und Blumenläden. Doch mit wem sie auch spricht: Überall stößt sie auf eine Mauer des Schweigens.
Zur selben Zeit wird der Japaner Fumio Onishi von seiner Yakuza-Organisation nach Berlin beordert, um Yuki O.s Tod aufzuklären und Vergeltung zu üben. Fumio Onishi ist ein Meister im Handwerk des Tötens und sieht sich doch nicht als eiskalten Killer, sondern als Erbe japanischer Traditionen, wie sie die Samurai der alten Zeit verkörpert haben. Bald schon zieht er eine Blutspur durch die vietnamesische Parallelgesellschaft im Prenzlauer Berg. Schließlich versucht Annegret Bartsch, ihm mit Hilfe eines vietnamesischen Kontaktmanns eine Falle zu stellen …