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Joachim Kerzel und Tobias Kluckert

Welche Dauer halten Sie für erträglich, wenn Sie ein Buch einlesen?

Kluckert: Fünf bis sechs Stunden sind das Maximum, das man lesen sollte. Acht Stunden am Tag sind zu viel. Ich habe das bei „Die Tore der Welt“ vier Wochen ganz gut durchgehalten, aber danach war es nur noch ein Kraftakt. Da habe ich dann nach jeder Pause gedacht: „Oh Gott, jetzt geht das noch weiter!“

Haben Sie sich auch über „Die Tore der Welt“ ausgetauscht?

Kluckert: Nein, überhaupt nicht. Joachim wurde angefragt für die gekürzte Fassung, weil er ja auch schon den ersten Teil, „Die Säulen der Erde“, gelesen hatte – und ich parallel für die ungekürzte Fassung. Wir sahen uns das erste Mal hier (Anmerkung: im Tonstudio in Berlin) bei einer Feier, als dieses Studio eingeweiht wurde, und sprachen darüber. Das Einzige, was Joachim zu mir sagte, war: „Das ist Selbstmord!“ (lacht) Weil ich ja die ungekürzte Fassung lesen sollte. Als ich damit fertig war, wusste ich, was er meinte. 3.037 Minuten Laufzeit der CDs, das ist schon irre!

Können Sie sich vor Angeboten denn nicht retten?

Kluckert: Bei Joachim ist es schon so. Bei mir noch nicht. Das war mein sechstes Hörbuch. Ich habe am Anfang den Fehler gemacht, ein paar Sachen zu lesen, bei denen ich vorher nicht wusste, was es ist. Fantasy zum Beispiel, wo ich hundert Seiten Folterszenen lesen musste – und ein Ende der Reihe nicht in Sicht war. Irgendwann habe ich es wirklich gehasst und dann damit aufgehört. Ich konnte einfach nicht mehr.

Kerzel: Fuchtbar!

Herr Kerzel, Sie lesen auch ziemlich viel Horror, darunter Klassiker wie H.P Lovecraft …

Kerzel: Als ich mich darauf eingelassen habe, waren das mir unbekannte Autoren. Beim Lesen habe ich mich gefragt, wen denn interessiert so was interessiert?! Dann war das Echo so ungeheuer. Noch heute werde ich darauf angesprochen: „Mensch, Du liest ja den Lovecraft.“ Ich habe mich echt gewundert, wie viele Leute dieses Genre kennen. Ein Genre, das anscheinend gut verbreitet ist und vorgibt, sogar einen literarischen Wert zu haben. Aber ich kann Horrorgeschichten nicht mehr hören! Ich habe Albträume, wenn ich von Leichen und dem Auseinandernehmen von Leichen und so lesen muss.

  • Bestseller-Autor Ken Follett traf in Berlin erstmals auf Tobias Kluckert

Bei Geisterjäger Sinclair sprechen Sie auch?

Kerzel: Ja, den Erzählpart, aber der wird immer geringer. Das ist eine sehr nette Produktionsmannschaft, der ich treu geblieben bin. Aber ich finde diese Groschenheftchen furchtbar.

Könnten Sie vom Hörbüchersprechen leben?

Kluckert: Nein.

Kerzel: Vom Synchronsprechen allein könnte ich aber auch nicht leben.

Da überraschen Sie mich jetzt.

Kerzel: Naja, weil ich nur meine älteren Herren mache (Anmerkung: u.a. Anthony Hopkins, Harvey Keitel, Jack Nicholson, Dennis Hopper). Als ich noch Serien gemacht habe, war das OK. Aber jetzt mache ich rund fünf Filme im Jahr, die sind in drei Tagen abgefrühstückt. Und das wird ja immer noch so bezahlt wie 1945. Gut, ich werde ein bisschen besser bezahlt als andere, aber nicht so toll, dass ich davon leben könnte. Aber ich mache noch viele Dokus, und auch Sinclair trägt auch dazu bei, von der Sprechertätigkeit leben zu können – und natürlich Werbung.

Kluckert: Ich lebe hauptsächlich vom Synchronisieren, spreche in vielen Filmen und einigen Serien, d.h. ich mache das eigentlich täglich, neben gelegentlichen Theaterauftritten, Hörspielen und Lesungen. Hörbücher sind etwas, was ich eher fürs Herz mache, einfach weil ich gern Geschichten erzähle. Aber das tägliche Geschäft ist definitiv Synchron.

  • Die Stimmung stimmte – hörBücher-Redakteur Jörn Radtke traf Joachim Kerzel und Tobias Kluckert in den d.c. Tonstudios in Berlin.

Inwiefern fühlen Sie sich beim Synchronsprechen eingeschränkt?

Kluckert: Beim Synchronsprechen habe ich jemanden, der hat das schon einmal gespielt. Ich muss mich selbst völlig zurücknehmen. Ich bin eingeschränkt durch sein Gesicht, durch seine Bewegung, durch seine Mundbewegung, durch seine Augen und seinen gesamten Ausdruck. Und in diesem Käfig muss ich möglichst frei agieren können und spielen können. Das ist die Kunst an dieser Sache, dort frei aufzuspielen und das wiederzugeben, was er dort im Original von sich gegeben hat. Beim Hörbuchlesen habe ich nur den Rhythmus des Autors, dem ich mich möglichst anschließe, und kann frei auflesen nach meinem eigenen Gefühl.

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