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Botschaften aus Babel: Ina Pfitzner (ipf)

André-Gide-Preisträgerin Julia Schoch

Überlebenshilfe

Julia Schoch schreibt und übersetzt vom Überleben. Für die Übersetzung des Romans Haut und Knochen von Georges Hyvernaud erhielt sie den André-Gide-Preis der DVA-Stiftung. Ein Gespräch.

Was war zuerst: Schreiben oder Übersetzen?

Natürlich Schreiben, so für mich. Dann kam das Übersetzen. Als das ernsthafte Schreiben losging, war das Übersetzen nicht mehr da, kam dann aber wieder. Es ist eine ganz pragmatische Hilfe, eine Übung, man bleibt am Arbeitstisch. Und eine ungeheure Erleichterung: Der Text ist immer schon da, man braucht ihn nicht noch zu machen. Schreiben heißt: Zuerst steht da nichts, und dann muss etwas da stehen, eigentlich eine Anmaßung sondergleichen. Im Gegensatz dazu ist Übersetzen befreiend, eine heitere Angelegenheit.


Wie kamen Sie zu Georges Hyvernaud?

Den habe ich gefunden, beim Georges-Arthur-Goldschmidt-Programm für junge Übersetzer. Zwei Tage lang habe ich Stapel von Büchern angelesen, und bei dem bin ich sofort stehen geblieben. Gleich auf der ersten Seite dachte ich, das geht ja gut los, gleich zur Sache, nicht das Schönschreiben französischer Romane, das hat mich gepackt. Es hat etwas Rohes, was zwar behauen und bearbeitet ist. Das war, wie man es sich vorstellt; man schlägt ein Buch auf und ist hingerissen vom Ton, und dann muss man das machen. Dann habe ich noch das lange Nachwort geschrieben, weil niemand den Autor kannte, das war auch eine kleine Pioniertat.

Wie ging es Ihnen mit Fred Vargas?

Ich konnte mit beiden etwas anfangen, das ist wichtig. Wenn mir ein Autor nichts sagt und ich bei jeder Seite denke, was für ein Blödsinn, dann kann ich das nicht übersetzen. Man muss Respekt vor dem Original haben, sonst werden die Lebensgeister gar nicht wach. Wenn dann etwas kompliziert ist oder schief, denkt man: Ah, da hat er etwas gewollt, da muss ich auch etwas wollen. Georges Hyvernaud lag mir am Herzen, weil er sozusagen mein Autor war. Die Vargas hat 30 Übersetzer in der Welt, das ist ein ganzes Universum, das hat eher den Aspekt des Dienstleistens. Als Übersetzer einer Bestsellerautorin ist das nicht schlecht, sie wirft ja auch Geld ab und kommt ziemlich regelmäßig heraus. Mich hat das immer so sechs Monate beschäftigt, mit Lektorat, bei der brandenburgischen Kriminalpolizei herumforschen und allem Drum und Dran. Da habe ich mit Zeitdruck übersetzt, was nicht förderlich ist. Manchmal fällt mir Monate später noch etwas ein, und diese Chance muss ein Buch haben, dass es liegen kann. Es wird trotzdem nicht fehlerfrei, das perfekt übersetzte Buch gibt es nicht.

Was war besonders schwierig?

In Vargas’ Der vierzehnte Stein verstehen die Franzosen den Quebecer Dialekt nicht. Ich habe einen Kunstdialekt erfunden, der erst einmal deutsch klingt, aber doch unverständlich ist. Das war eigentlich das Schönste daran, sich so etwas auszudenken. 
 
Was bewirkt so ein Preis?
Es ist die Frage, was das anschiebt, das kann man nicht planen. Zuerst war es ruhig, dann kam der Spiegel und andere Zeitungen zogen nach. Da gab es gleich eine zweite Auflage, was bei so einem schmalen Band eines verstorbenen Autors überhaupt nicht normal ist. Und das Geld lässt einen auch ein bisschen leben, da kann man sich etwas Neues überlegen.

Julia Schoch: Mit der Geschwindigkeit des Sommers. Piper, 160 Seiten, 8,95 Euro

Georges Hyvernaud: Haut und Knochen. Übersetzt von Julia Schoch. Suhrkamp, 112 Seiten, 12,90 Euro

Julia Schoch: Der Körper des Salamanders. Piper, 176 Seiten, 7,95 Euro

Fred Vargas: Der vierzehnte Stein. Übersetzt von Julia Schoch. Aufbau, 479 Seiten, 9,95 Euro

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