Editorial

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

auf den Reisen für diese Ausgabe erfuhren wir Geschichten, die von einer zusammengerückten Welt erzählen. Wir erkundeten die isländischen Literaturlandschaften und besuchten das ThrillerFest im Big Apple, trafen den chinesischen Exilautoren Liao Yiwu und den australischen Zeichner Shaun Tan.

Letzten Sommer schaute die Welt nach Island wegen einer gigantischen Aschewolke, dieses Jahr verfolgten wir gespannt die Flut an über 200 Buch-Neuerscheinungen im Zuge des Ehrengast-Auftrittes auf der Frankfurter Buchmesse. Wer isländische Autoren liest, der trifft unweigerlich auf Naturgewalten. Dieses Saga-Land wollten wir selbst erleben: Mit unserem Gastautor Huldar Breiðfjörð (S. 20) trotzten wir den Windstärken in der Felsenlandschaft der Blauen Lagune. Und die Schriftstellerin Guðrún Eva Mínervudóttir zeigte uns Streetart und versteckte Secondhand- Buchläden in Reykjavík (S.16). Jenseits von Elfen-Mythen und Vulkan-Asche „bebt das ganze Land von literarischen Überlieferungen“, wie es der isländische Nobelpreisträger Halldór Laxness formulierte. Und das hat sich bis heute nicht geändert.

Eine außergewöhnliche Begegnung war auch das Treffen mit dem chinesischen Schriftsteller Liao Yiwu in seinem Berliner Exil. Es entstand ein vielschichtiges Porträt des politischen Dichters, der sich selbst als „Tonbandgerät seiner Generation“ versteht (S. 84). Shaun Tan nahm den Astrid Lindgren Memorial Award entgegen und fl og von Stockholm direkt zur Lesung nach Hamburg. Für „Ein neues Land“ zeichnete er eine Migrationsgeschichte in eine Fantasiewelt, die ohne ein Wort auskommt (S. 114). Ein Buch, das weltweit verstanden werden kann, weil es an das Wesentliche rührt: die innere und äußere Heimat.

Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre vom einen Ende der Welt zum anderen und darüber hinaus!

Herzlichst,
Tina Schraml
Chefredakteurin