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Fotos: Prokino

Neu auf DVD: „Ein Sommer mit Flaubert“ - nach der Graphic Novel von Posy Simmonds

Der große französische Schriftsteller Gustave Flaubert schuf 1856 mit „Madame Bovary“ einen Roman für alle Sinne. Mit „Ein Sommer mit Flaubert“ ist eine moderne und durchaus komische Neuinterpretation des Klassikers gelungen, die zu großen Teilen auf der Graphic Novel von Posy Simmonds beruht. Im Interview erklärt die Autorin, warum sie den Film liebt. Und zum DVD-Start (26. Februar 2015) verlost BÜCHERmagazin drei Filmsets bestehend aus DVD (Prokino) und Buchvorlage (Reprodukt).

Wie und wo entstand die Idee zu „Ein Sommer mit Flaubert“?
Eines Tages in Italien, als mir eine sehr schöne Frau in einem Café auffiel. Sie war mit Einkaufstüten aus Luxusboutiquen beladen und behandelte ihren Liebhaber wie den letzten Dreck. Während ihm die Ideen ausgingen, was er noch alles tun sollte, um sie bei Laune zu halten, stöhnte sie die ganze Zeit vor Langeweile. Und da ging mir ein Licht auf: Sie war eine Madame Bovary der Neuzeit! Zurück in London schlug ich meinem Verleger vor, die Geschichte einer englischen Madame Bovary zu schreiben. Also knöpfte ich mir den Roman von Flaubert noch einmal vor, den ich mit 15 zum ersten Mal gelesen hatte. Was mich damals besonders schockiert hatte, war die Tatsache, dass Emma eine schlechte Mutter ist. Doch bei der neuerlichen Lektüre wurde mir vor allem bewusst, um was für einen bedeutenden Roman es sich handelt. Ich beschloss, Flaubert die Handlung zu stibitzen: Eine Frau heiratet einen Mann, den sie nicht liebt, langweilt sich an seiner Seite – langweilt sich so sehr, dass sie anfängt sich einzubilden, sie könne ein anderes Leben führen, indem sie einfach nur den Rahmen tauscht.

Warum eine französische Adaption?
Um das Buch verfilmen zu können, brauchte es meiner Meinung nach einen französischen Blickwinkel, mithin also einen französischen Regisseur. Als ich erfuhr, dass Anne Fontaine, deren Film „Coco Chanel – Der Beginn einer Leidenschaft“ ich liebe, die Absicht hatte, das Buch zu verfilmen, war ich hoch erfreut. Für mich steht fest, dass ein Filmemacher sich eine Vorlage aneignen und seine ganz persönliche Interpretation liefern muss. Deshalb hatte ich kein Problem damit, dass die Szenen, die in London spielen, im Film nicht mehr vorkommen, und dass die satirischen Beobachtungen über Engländer in Frankreich nicht mehr ganz so grausam ausfallen wie im Buch. Auch die Szene mit der Pferdedroschke wurde gestrichen, weil sie kein sehr schmeichelhaftes Licht auf Gemma wirft. Im Buch behandelt sie die Männer häufig grausam und zynisch, aber wir wollten, dass die Film-Gemma deutlich sympathischer und sanfter wirkt. 

Was sagen Sie zur Besetzung?
Fabrice Luchini ist einfach unglaublich. Seine Art, die Rolle zu spielen, verleiht Joubert viel mehr Sexappeal und lässt ihn mysteriöser wirken als im Buch, auch wenn er nach wie vor ein Voyeur ist, und zwar durch und durch. Man muss nur in sein Gesicht schauen, das unglaublich ausdrucksvoll ist, um zu begreifen, was für ein komplexes Innenleben Joubert hat. Was Gemma Arterton angeht, so finde ich sie nicht nur ausgesprochen sinnlich, ich bin inzwischen überzeugt, dass die Kamera sie liebt. Auch Elsa Zylberstein in der Rolle der Kratzbürste Wizzy, der man am liebsten den Hals umdrehen würde, finde ich großartig. Sie ist eine brillante Schauspielerin.

Gefällt Ihnen der Film?
Ich liebe ihn! Ich musste sehr oft lachen, und weil ich die Details im Drehbuch teilweise vergessen hatte, war ich manchmal sogar richtig überrascht. Die Szene, in der Joubert Gemma beibringt, wie man Brotteig knetet, gefällt mir besonders gut. Und natürlich die Schlusspointe, die hier aber nicht verraten wird.

BÜCHER verlost drei Filmsets bestehend aus DVD (Prokino) und Buchvorlage (Reprodukt) zu „Ein Sommer mit Flaubert“. Einfach hier mitmachen und mit ein bisschen Glück gewinnen (Teilnahmeschluss ist der 28. Februar 2015).

 

Posy Simmonds: Gemma Bovery
Reprodukt (2011), 112 Seiten, 20 Euro

DVD: Ein Sommer mit Flaubert
Prokino, 95 Minuten, ca. 16,99 Euro, FSK 6
 

 

Zum Film
Martin (Fabrice Luchini) ist ein Ex-Bohemien alter Pariser Schule, der mehr oder minder freiwillig die väterliche Bäckerei eines kleinen Dorfes in der Normandie übernommen hat. Was von den Ambitionen seiner Jugend übrig geblieben ist, sind seine blühende Fantasie und eine flammende Leidenschaft für die große Literatur, insbesondere die Romane von Gustave Flaubert. Kein Wunder, dass es ihn aufwühlt, als zwei junge Eheleute aus England, deren Namen seltsam vertraut klingen, sich auf einem nahe gelegenen Bauernhof niederlassen: Die Neuankömmlinge heißen nicht nur Gemma und Charles Bovery (Gemma Arterton, Jason Flemyng), auch ihr Verhalten scheint geradewegs von Flauberts Helden inspiriert zu sein. Für den heimlichen Künstler, der in Martin schlummert, ist die Gelegenheit zu schön, um – neben dem täglichen Brotteig – nicht auch das Schicksal dieser Menschen aus Fleisch und Blut zu formen. Doch die schöne Gemma Bovery kennt sich mit klassischer Literatur überhaupt nicht aus und will eigentlich nur ihr eigenes Leben leben ...

 

 

 

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