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Das Debut: Daniela Krien

Es gibt etliche solcher Stellen im Roman, die für sich genommen klingen wie Männerfantasien aus Frauenhand. Wer das Buch darauf reduziert, wird in ihm schnell ein reaktionäres Frauenbild ausmachen, dessen ist sich Krien bewusst: „Diese Vorwürfe werden kommen, da bin ich ganz sicher, auch wenn ich selbst nicht der Meinung bin, dass sich Maria rückwärtsgewandt verhält oder in dem Buch bestimmte Männerfantasien bedient werden. Die Männerfantasien decken sich übrigens gar nicht so selten mit den Frauenfantasien. Was sich zwischen Maria und Henner abspielt, ist an keiner Stelle demütigend für Maria, obwohl es über reine Zärtlichkeit weit hinausgeht. Sie ist ja die treibende Kraft in der Beziehung und im Übrigen äußerst selbstbewusst.“ Als sich Maria gegen Ende des Romans auf den Weg zurück zum Brendel-Hof machen will, hält Henner sie zurück, reißt ihr das Kleid hoch, aber: „Diesmal wollte ich wirklich nicht. Ich schob seine Hand weg und sagte: ‚Nein!’ Mehr nicht. Dann machte ich mich los, richtete meine Kleider und ging.“

Warum Daniela Krien ihre frühen Texte vernichtete

An zehn große deutsche Verlage verschickte Krien Exposés und Textauszüge ihres Manuskripts. Zehn Mal wurde sie abgelehnt. Erst als ein Freund die Schwägerin ihrer jetzigen Verlegerin Tanja Graf kennenlernte, klappte es mit einer Veröffentlichung. Schon früh hatte Krien zu schreiben begonnen: Gedichte, Kurzprosa, Tagebücher. Das Übliche. Sie selbst blieb unglücklich mit dem Ergebnis. Irgendwann vernichtete sie alles: „Ich warf die Texte weg, weil sie nicht gut waren und weil kein Mensch mich zum Schreiben ermutigte. Niemand traute es mir zu, auch ich selbst nicht, obwohl mich der Wunsch beinahe wahnsinnig machte.“
 

Also studierte sie Kultur- und Medienwissenschaften, brachte zwei Töchter zur Welt, gründete gemeinsam mit ihrem Ehemann eine Produktionsfirma für Dokumentarfilme über Künstler. Der Wunsch zu schreiben aber blieb: „Eines Abends setzte ich mich hin, ich hatte ein Bild vor Augen und begann zu schreiben. Zwei Wochen und fünf Tage am Stück.“ So entstand „Irgendwann werden wir uns alles erzählen“. Zufrieden war sie am Ende wieder nicht. „Sollte ich einmal zufrieden sein, werde ich nichts mehr schreiben“, sagt sie. Das aber wird hoffentlich so bald nicht der Fall sein. Kriens Erstling ist schließlich nicht nur eine vielschichtige deutsch-deutsche Adoleszenzgeschichte, ein feinfühliger, kritischer Wenderoman und zugleich eine mitreißende Liebesgeschichte, sondern eben auch ein äußerst verheißungsvolles literarisches Debüt.

Daniela Krien: Irgendwann werden wir uns alles erzählen. Graf Verlag, 236 Seiten, 18 Euro

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