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Reportage: Christian Bärmann (bär) | Fotos: Uwe Tölle

Porträt Hörbuch Hamburg

Schwere Kost leicht gemacht

„Ist das ein Blick?“, fragt Margrit Osterwold. Eine rhetorische Frage. Denn die offene Balkontür des Büros der „HörbucHHamburg“-Inhaberin gibt den Blick frei auf den imposanten Hamburger Containerhafen. Als sie die Villa an der Elbchaussee, gleichzeitig ihr Zuhause, gekauft habe, „haben mich alle wegen des schlechten Zustands für verrückt erklärt“, berichtet sie. Heute ist die Villa ein Schmuckstück. Parallelen zur Gründung ihres Verlages sind angebracht. Denn als Osterwold 1999 „HörbucHHamburg“ aus der Taufe hob, wurde sie ebenfalls belächelt. Bücher würden nicht gehört. Doch die bekennende Raucherin glaubte an das Medium. Als Werbeleiterin bei Hoffmann und Campe hatte sie den Hörbuchbereich aufgebaut, später als Herausgeberin die Heyne-und Ullstein-Hörbücher.„Dabei gab es damals mit Gert Westphal nur einen vernünftigen Sprecher“, sagt die Verlegerin. Doch der geniale Vorleser faszinierte auf langen Autofahrten nicht nur sie, sondern auch ihren damals achtjährigen Sohn: „Wenn Westphal die Buddenbrooks las, hatte Benjamin Blümchen keine Chance mehr – zum Glück“, sagt sie und betont, „dass es kaum etwas Besseres gibt, als Kindern gute Literatur hören zu lassen.“ Ein gut gemachtes Hörbuch schaffe es, auch schwere Kost einem jungen Publikum zugänglich zu machen. Überzeugt von der Zukunft des Mediums gründete Margrit Osterwold vor acht Jahren „HörbuchHamburg“ – auch, weil Hoffmann & Campe ihren Favoriten, „Weimar Literarische Begegnungen: Wallfahrt zum Dichterfürsten“ nicht veröffentlichen wollte. „Dann habe ich es eben selbst gemacht“, lacht sie und zieht am Zigarillo, während sie in früheren Katalogen blättert. „Oh, das ist auch klasse“, freut sie sich in bester Erinnerung und zeigt auf „Die schweinischsten Stellen aus dem Alten Testament“, gelesen von Harry Rowohlt.

Der Mut und Weitblick der Hörbuch-Pionierin , gepaart mit dem Gespür für richtige Stoffe, wurden belohnt: Heute gehört der Verlag der 62-Jährigen (zehn Mitarbeiter) zu den umsatzstärksten Hörbuchverlagen. „Margrit Osterwold sucht alle Produktionen selbst aus und lässt es sich nicht nehmen, mit einigen Schauspielern immer noch persönlich ins Studio zu gehen.“ Sie liest für ihr Leben gern. Stapelweise Bücher in den Regalen ihres Büros zeugen davon. „Es gibt Stoffe, die muss man machen, um Geld zu verdienen. Und es gibt Stoffe, die man sich gönnen muss und in denen Herzblut steckt“, erklärt sie ihr Rezept. „Einer davon sei James Ellroys „Die Schwarze Dahlie“, gelesen von Ulrich Pleitgen. Ihr aktuelles Lieblingsprojekt ist das neue Kinder- und Jugendprogramm Silberfisch, in dem in diesem Herbst über fünfzig Titel erscheinen.

  • Verlegerin Margrit Osterwold auf dem Balkon ihres Hauses in der Hamburger Elbchaussee.

Selbstbewusst nimmt Magrit Osterwold für sich in Anspruch, einige Stars der Hörbuch-Szene entdeckt zu haben: „ Schauspieler wie Nina Petri, Peter Lohmeyer oder Sebastian Koch haben ihr erstes Hörbuch mit meiner Hilfe eingelesen.“

Wobei Sie betont, dass auch nur Sprecher mit Schauspielerfahrung den Stoff, den sie lesen, verinnerlichen, leben und ihm eine eigene Note geben könnten.“ Um die Leistung der Sprecher selbst honorieren zu können, rief Osterwold 2004 einen nach ihr benannten Hörbuchpreis ins Leben. Motto: „Die Jury bin ich.“ Zu den bisherigen Preisträgern gehören Nina Petri, Marlen Diekhoff, Ulrich Pleitgen, Heikko Deutschmann, Eva Mattes und Charles Brauer. 2007 ging der Preis an Monica Bleibtreu und Walter Kreye. Klar, dass die „Osterwold“-Party jedes Jahr im Garten ihrer Villa stattfindet ­– bei dem Blick.

www.hoerbuch-hamburg.de

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