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Reportage: Kerstin Klostermann (kek) | Fotos: Christiane Breitfelder

Hörspielaufnahmen mit Kindern

Stellt euch vor, Ihr bekommt viel Geld und viele Bonbons!

Vor dem Aufnahmeraum des CSC Tonstudios in Hamburg-Eppendorf türmt sich ein riesiger bunter Schuhberg. Kinderjacken liegen überall verstreut im Flur, Gummibärchen, Schokolade und Orangensaft belagern Küchenzeile und Esstisch. Alles sieht nach einem typischen Kindergeburtstag aus, doch von den kleinen Gästen ist weit und breit nichts zu sehen oder zu hören. Es ist mucksmäuschenstill.

Erst beim Betreten der Regie, die durch eine große Glaswand den Blick in den Aufnahmeraum freigibt, macht das fröhliche Stillleben einen Sinn: Mehrere Jungen und Mädchen stehen dicht gedrängt vor einem großen Mikrofon. Aufmerksam lauschen sie den Regieanweisungen von Frank Gustavus: „Stellt euch vor, ihr steht Hörspielaufnahmen mit Kindern auf dem Schulhof, Pippi drängelt sich durch die Menge und ihr ärgert euch darüber. Achtung … jetzt!“ Dann drückt er den Aufnahmeknopf am Regiepult, und die Kinder brabbeln wild draufl os: „Ey, was soll das?“, „Och, Pippi!“ oder „Lass das!“ kommt es wie aus der Pistole geschossen, inklusive ungläubiger Gesichtsausdrücke und wütender Drohgebärden. Gustavus gibt ein Handzeichen, und sofort verstummen die kleinen Schauspieler wieder. „So, jetzt brauche ich schluchzende Kinder“, sagt der Regisseur, und auf Kommando bricht die Gruppe in herzzerreißendes Jammern und Weinen aus. „Das macht ihr wirklich prima!“, lobt Gustavus begeistert. Doch plötzlich werden die Kinder unruhig und flüstern sich gegenseitig etwas ins Ohr. „Wir haben ein dringendes Toilettenproblem“, erklärt Regieassistentin Antje Seibel, die sich mit im Aufnahmeraum befi ndet, schmunzelnd. Das Team beschließt, eine kurze Pause einzulegen, und erleichtert stürmt die Rasselbande nach draußen.

„Aufnahmen mit Kindern funktionieren nur in Sieben-Minuten-Häppchen, weil ihr Akku schnell leer ist“, erklärt Frank Gustavus, der seit rund zehn Jahren Hörspiele produziert und viel Erfahrung in der Arbeit mit Kindern hat. Heute hat er mit einigen Kollegen von Oetinger audio das Tonstudio auf dem Eppendorfer Hinterhof gemietet. Die Gruppenaufnahmen für „Pippi Langstrumpf fi ndet einen Spunk und andere Abenteuer“ und „Pippi Langstrumpf will nicht groß werden und andere Abenteuer“ stehen auf dem Programm. Dafür hat der Regisseur zwölf Kinder zwischen acht und 14 Jahren engagiert, die fast alle schon bei anderen Hörspielen mitgemacht haben. „Sie sind daran gewöhnt und kommen gerne“, erzählt Gustavus. „Außerdem sind die Gruppenaufnahmen eine gute Übung und ein Sprungbrett für größere Rollen.“ Das Besondere: Alle Kinder stammen aus Gustavus’ Heimatdorf Klein Offenseth-Sparrieshoop bei Hamburg, kennen sich untereinander, gehen zum Teil in dieselbe Schulklasse oder sind sogar miteinander verwandt. Gecastet wurden die meisten Nachwuchssprecher in Gustavus’ Wohnzimmer. „Das familiäre Verhältnis erleichtert die Arbeit“, erklärt der 39-Jährige. Selbstredend, dass auch sein eigener Sohn, der neunjährige Leon, mit von der Partie ist. Und Regieassistentin Antje ist seine Frau – ein echtes Familienprojekt.

Mit geröteten Wangen toben die zwölf jungen Talente sockfuß durch Flur und Küche. Jetzt herrscht wirklich Kindergeburtstagsstimmung, und das disziplinierte Arbeiten von eben weicht kindlicher Ausgelassenheit. „Es ist so heiß da drin“, stöhnt der achtjährige Sammy, klettert auf den Barhocker und schiebt sich ein Stück Schokolade in den Mund. Auch die anderen Jungen und Mädchen fallen über die Süßigkeiten her. „Mit Naschkram bekommt man die Kids in den Griff“, verrät Gustavus augenzwinkernd. „Das Ganze darf nicht zu sehr in Arbeit ausarten und soll für die Kinder so angenehm wie möglich gestaltet werden.“ Es ist eine besondere Herausforderung für ihn, die Gruppe einen ganzen Nachmittag lang bei Laune zu halten und sie dazu zu bringen, konzentriert mitzumachen. „Zuckerbrot und Peitsche – das ist das Geheimnis“, sagt er lachend.

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