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Netzliteratur: Elisabeth Dietz (ed)

Ein Zuhause für aussterbende Wörter

Rabauke, Mumpitz, Schabernack

„Sandpapier“ kommt ganz nah ran, vielleicht will es gestreichelt werden. „Eidechse“ grast in mittlerer Entfernung, „unterirdisch“ und „verrucht“ halten sich im Hintergrund. Sie sind ein friedlicher Anblick, meine Patenwörter. Aber was mach‘ ich jetzt mit ihnen? Wibke Ladwig, Inhaberin der Sinn und Verstand Kommunikationswerkstatt, hat im März die Wortweide eingerichtet, einen Ort für aussterbende, ganz junge oder einfach lieb gewonnene Wörter.

Frau Ladwig, mittlerweile habe ich auf Ihrer Seite wortweide.de Patenschaften für vier Wörter übernommen. Muss ich denen jetzt Geburtstagskarten schicken und Geld zurücklegen, falls sie mal studieren wollen?

Mit einer Wortpatenschaft sind keine Pflichten verbunden. Sie entscheiden, mit welchen Patenwörtern Sie sich umgeben möchten und welche Wörter Ihnen besonders am Herzen liegen. Außerdem können Sie sich besonders schöne Wörter leicht merken, indem Sie sie auf Ihre Weide stellen.

Was kann ich dann für meine Wörter tun?

Es gibt zwei Ranglisten, eine für die beliebtesten Wörter, eine für die fleißigsten Wortagenten. Die Wörter bekommen für jeden Paten Punkte. Und nicht nur die, sondern auch die Wortagenten bekommen Punkte, die das jeweilige Wort auf die Wortweide gestellt haben. Für die Wörter, die man selbst auf die Wortweide gestellt hat und Patenwörter, die man besonders schätzt, kann man neue Paten werben. Dann steigen die Wörter in der Rangliste der beliebtesten Wörter auf.

Wozu brauchen wir eine Wortweide?

Eigentlich geht es darum, auf die Wörter aufmerksam zu machen, zum Beispiel in Sozialen Netzwerken. Sie selbst zu benutzen und auch andere dazu anzuregen, sie in den aktiven Wortschatz aufzunehmen. Damit unsere Sprache wieder etwas reicher wird.

  • Wibke Ladwig
Finden Sie, die Sprache sei ärmer geworden?

Die meisten Wörter, die uns umgeben, dienen der Information und der Werbung. Es wäre doch schade, wenn man die Sprache der puren Information und der Werbung überließe. Es geht also auch um eine Rückeroberung der Sprache.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, eine Weide für Wörter einzurichten?

Ich lese gern Klassiker und stoße dort immer wieder auf Wörter, denen ich ein lebendigeres Dasein in unserer aktuellen Sprache wünsche. Also wollte ich eine Website, auf der wir die Wörter sammeln können, mit denen wir besondere Erinnerungen verknüpfen oder die uns fehlen, weil sie nicht mehr so häufig verwendet werden. Oder neue Wörter. Denn wir erfinden täglich neue Wörter, auch wenn wir uns dessen nicht bewusst sind. Darüber habe ich mit Michael Gehlen gesprochen, dem Designer, der die Website für meine Kommunikationswerkstatt entwickelt hat.  Ein Wort gab das andere und – Heureka! – da hatten wir die Wortweide erfunden. Die Idee kam wie ein Gewitter über uns.

Gewitter, denke ich, während ich dieses Interview abtippe, ist auch ein ganz besonders schönes Wort. Gewitter. Ob es schon auf der Wortweide steht? Ich gebe es in die Suchmaske ein und erhalte nicht nur das Wort selbst, sondern auch „Gewitterfront“, „Gewitterhexe“, „Gewitterziege“ und jede Menge andere Komposita. Eingestellt wurde das Wort vom User buechereulen. Einen Klick später bin ich seine erste Patentante.

Das beliebteste Wort auf der Weide ist „blümerant“, danach kommen „Schabernack“, „Lümmel“ und „Mumpitz“. Was haben die besonders beliebten Worte gemeinsam?

Es macht eine unheimliche Freude, sie auszusprechen. Sie führen allein vom Laut her ein Eigenleben. Es sind Wörter, die sich nicht aus sich selbst heraus erklären. Sie regen die Phantasie an. Ein Wort wie „Plusquamperfekt“, das auf Platz 8 rangiert und uns möglicherweise an dröge Grammatikstunden erinnert, könnte eigentlich alles mögliche bedeuten. Und wenn man ein Wort mal so ganz für sich ansieht, merkt man auch, was für ein hübsches Wort es ist, mit interessanten Buchstabenkombinationen.

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