In der Ruhe liegt die Kraft - Sabine König als Hörbuchsprecherin
Es ist still in ihrem Aufnahmeraum. Nur das Klicken der Maus, das leise Atmen zwischen den Sätzen. Sabine König sitzt vor dem Mikrofon, konzentriert, kontrolliert – und zugleich offen für jede Emotion, die ein Text in ihr auslösen kann. Seit rund drei Jahren spricht sie Hörbücher, und doch wirkt ihr Weg in diese Welt, als sei er von Anfang an darauf angelegt gewesen. Dabei kommt sie ursprünglich aus einer ganz anderen Ecke: der Werbung. Dort, wo Worte scharf geschnitten, klar betont und perfekt getimt sein müssen. Eine Welt, in der Sekunden zählen – und Nuancen oft keinen Platz haben. „Es war richtig Arbeit, die Werbung aus meiner Stimme zu bekommen“, sagt sie rückblickend. Im Hörbuch, so König, gehe es nicht um Perfektion, sondern um Wahrhaftigkeit.
Von der Werbebranche ins Hörbuchstudio
Sabine König hat gelernt, dass eine Stimme erst dann wirklich berührt, wenn sie loslässt. In Workshops mit Größen der Branche – Dagmar Bittner, Johannes Steck, David Nathan – fand sie den Mut, die „Bremse rauszunehmen“. Eine Lehre, die sie bis heute begleitet. Nathan habe ihr einmal gesagt: „Stimme ist nicht wichtig!“ – ein Satz, der paradox klingt, aber Sinn ergibt. Denn wichtiger als die Stimme selbst ist, was sie transportiert. Heute arbeitet König allein im Studio, mit sorgfältiger Vorbereitung und viel Gespür für die Figuren. Sie liest jedes Buch, bevor sie aufnimmt, analysiert Charaktere, zeichnet Stimmproben auf und taucht ein in Stimmungen, die sie über Stunden hält. „Wenn ich es in einem Block aufnehmen kann, bleibe ich emotional im Fluss“, sagt sie. Ihr Werkzeug: Technik und Intuition.
„Als die Tage leiser wurden“ – Ein Hörbuch voll stiller Kraft
Eines ihrer jüngeren Werke ist „Als die Tage leiser wurden“ von Josephine Cantrell, erschienen bei Lausch. Ein stilles, feines Hörbuch, das von Verlust, Erinnerung und leisen Neuanfängen erzählt. Königs Interpretation trifft genau diesen Ton – unaufdringlich, aber bewegend. Sie schenkt den Figuren Raum, ihre Emotionen zu entfalten, ohne sie zu überzeichnen. Für König war dieses Projekt ein besonderer Moment: ein Hörbuch, das berührt. „Ich glaube, solche Geschichten liegen mir besonders“, sagt sie. Vielleicht, weil sie in der Ruhe ihre größte Ausdruckskraft findet.
Ein Markt in Bewegung
Der Hörbuchmarkt ist in den letzten Jahren rasant gewachsen – und zugleich unübersichtlicher geworden. Corona brachte viele neue Sprecher:innen hervor, oft Quereinsteiger:innen, die nach Orientierung suchen. „Viele Verlage sind schlicht überfordert mit der Masse an Bewerbungen“, beobachtet König. Der Wettbewerb ist härter geworden, und soziale Medien spielen zunehmend eine Rolle. König selbst sieht das nüchtern. Sie ist keine Influencerin, sie hat keine große Reichweite auf Instagram – und doch überzeugt sie durch Qualität. Ihr Ziel: Geschichten sprechen, die sie begeistern.
Über KI, Klang und das, was bleibt
Wie alle Sprecher:innen beobachtet König auch die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz mit wachem Blick. Sie weiß, dass synthetische Stimmen immer besser werden – aber sie glaubt nicht, dass sie den menschlichen Atem, das Zittern, die spontane Regung ersetzen können. „Die Emotion, die echte Stimmen transportieren, ist nicht programmierbar“, sagt sie.
Mehr Infos: https://www.youtube.com/watch?v=gKMdessyOa4 oder: www.sabinekoenig.info



