Journalistisches Mosaik einer überhörten Gemeinschaft
Johannes Zang hat mit seinem neuen Werk „Und am Kontrollpunkt wartet die Erniedrigung“ ein journalistisches Mosaik aus Stimmen, Schicksalen und Momenten geschrieben, die sich zu einem bedrückend klaren Bild einer Lebensrealität zusammenfügen, die im globalen Diskurs über den Nahen Osten oft nur als Randnotiz existiert: die der palästinensischen Christen.
Zang, Jahrgang 1964, ist kein Beobachter aus der Distanz. Mehr als 60 Reisen in die Region, eigene Lebensjahre in Bethlehem und Ost-Jerusalem, und ein Vierteljahrhundert intensiver Beschäftigung mit der politischen wie sozialen Topographie Palästinas verleihen ihm eine emphatische Distanz, die emotionale Nähe zulässt, ohne die journalistische Integrität zu verlieren.
Ein Buch aus Stimmen – und dem Schweigen dazwischen
Im Zentrum seines Buches stehen 33 palästinensische Christen zwischen 18 und 82 Jahren. Sie sind römisch-katholisch, koptisch-orthodox, evangelisch oder griechisch-orthodox – doch die Konfession spielt kaum eine Rolle angesichts der täglichen Erfahrung, die sie eint: Leben unter Besatzung. Die Gespräche, die Zang im Frühjahr und um Ostern 2025 geführt hat, sind Momentaufnahmen – roh, ehrlich, manchmal erschütternd. Sie erzählen von stundenlangem Warten an Kontrollpunkten, von der Demütigung, nicht über die eigene Bewegungsfreiheit bestimmen zu können, von wirtschaftlicher Fragilität und der schleichenden Bedrohung durch Landenteignung. Doch sie erzählen auch von etwas anderem: vom Festhalten an Gemeinschaft, vom Glauben, der nicht vertröstet, sondern trägt, und vom Mut, der sich im Alltag manifestiert.
Der Kontrollpunkt als Metapher
Wie ein roter Faden zieht sich das Bild des Kontrollpunkts durch die Berichte – physisch wie symbolisch. Er steht für das Sichtbarwerden von Machtgefällen, für die fragile Existenz zwischen Normalität und Ausnahmezustand. Zang beobachtet, wie Menschen warten, wie sie hoffen, wie sie weitergehen. Er macht bewusst, dass die Erniedrigung, von der der Titel spricht, nicht in einem einzigen Moment besteht, sondern in der Wiederholung, der Vorhersehbarkeit, der Alltäglichkeit.
Ein übersehener Teil des Nahostkonflikts
In der breiten Berichterstattung über den Nahostkonflikt tauchen palästinensische Christen selten auf. Sie sind weder große politische Akteure noch zahlenmäßig dominant. Und gerade deshalb ist Zangs Buch so wichtig: Es öffnet einen Raum für die Erfahrungen jener, die oft weder international noch lokal eine hörbare Stimme haben. Die Schilderungen verdeutlichen, wie diese Gemeinschaft um ihr kulturelles Erbe ringt, wie ihre jungen Mitglieder zwischen Weggehen und Ausharren schwanken, und wie der Glaube zum Anker wird, wenn die politischen Strukturen keinen Halt geben.
Mehr Infos unter: https://www.hamppverlag.com/und-am-kontrollpunkt-wartet-die-erniedrigung/




