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lit.COLOGNE 2013: Hommage an die Reportage

Die Reportage ist eine journalistische Darstellungsform, die es erlaubt fernab vom Alltagsgeschehen innezuhalten und genau hinzusehen, Augenblicke mit allen Sinnen wahrzunehmen. Auf der lit.COLOGNE war ihr der gestrige Abend gewidmet.      Von Melanie Schippling

Es ist kalt in Köln an diesem Dienstagabend. Obwohl es längst dunkel ist, wirkt die Stadt fast hell durch den Schnee, der den Tag über gefallen ist. Beim Betreten der Gangway zum „Literaturschiff“ MS Rheinenergie testen besonders die weiblichen Besucher den Untergrund auf seine Rutschfestigkeit, bevor sie weitergehen. Drinnen dann angenehme Wärme und freudige Erwartung. Gleich wird Publizist Roger Willemsen auf die Bühne treten und einen Abend moderieren, während dessen die Schauspieler Claudia Michelsen und Christian Brückner Auszüge aus den unterschiedlichsten Reportagen lesen werden. Als es soweit ist, springt pünktlich zum Auftritt der Schiffsmotor an.

Das Schiff legt ab zu einer kleinen Rundfahrt über den Rhein und verdeutlicht dem Publikum, wodurch die meisten Reportagen erst möglich werden: durch Reisen. „Das Reisen erweitert die Grenzen unseres Wissens, eine Reportage trägt dieses Wissen als pars pro toto zu uns“, erläutert Roger Willemsen. „Sie ist dabei selbstbewusst, sagt 'ich habe es gesehen'.“ So geht es textlich bald in ferne Gestade, zu den Ursprüngen der Reportage bei Hippokrates mit seiner Krankenbeschreibung und zu Marco Polos Reiseschilderungen. Während das Literaturschiff langsam über das ruhige Wasser gleitet, vorbei am Dom, der Altstadt und dem Schokoladenmuseum kaum einem anderen Schiff begegnet, lesen Claudia Michelsen und Christian Brückner unter anderem auch Heinrich Heines „London“, Henri Michaux' „Barbar in Japan“, Egon Erwin Kisch' „Am Fließband“ und Truman Capotes „Das Verbrechen“. Jede Lesung für sich beschwört Szenen herauf, die unterschiedlicher kaum sein könnten, doch sie alle faszinieren durch ihre wache, eindringliche Beschreibung und lassen das leise Schiffsmotorengeräusch vollends in den Hintergrund treten.

Während das Schiff sich langsam wieder dem Ufer nähert, tragen die Schauspieler zum Schluss zwei Texte von Journalisten vor. Erschienen sind sie im Schweizer Magazin „Reportagen“, das seit zwei Jahren Glanzstücke des Genres abdruckt: „Mein dünner Freund Andrej“ von Sabine Riedel ist die Versöhnung mit einem Kulturschock in Sankt Petersburg durch die Bekanntschaft mit einem „sowjetischen Hungerkünstler“. „Käufliche Freiheit“ von Christian Schmidt thematisiert die Beziehung zu einer Prostituierten. Die beiden Verfasser treten nach der Lesung auf die Bühne und bekunden im folgenden Gespräch mit Roger Willemsen, dass ein Text seine Leser nur berühren könne, wenn er aus absoluter innerer Notwendigkeit geschrieben worden sei. So sei es ihnen beiden beim Verfassen ergangen und sie hätten nicht gedacht, jemals ein Forum für ihre Reportagen zu finden. Nun, hier auf der lit.COLOGNE hatten sie eines, das zwei Stunden lang konzentriert zuhörte, vielfältige Eindrücke sammelte und hoffentlich von dieser kleinen Lesereise erzählen wird.
 

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