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lit.COLOGNE 2013: Martin Walsers Alter Ego kehrt zurück

Nach „Meßmers Gedanken“ und „Meßmers Reisen“ stellte Martin Walser am Montagabend im WDR-Funkhaus den dritten Teil der Reihe, „Meßmers Momente“, vor.      Von Melanie Schippling

Kritiker würden diese Trilogie des öfteren als „Aphorismen-Sammlung“ bezeichnen. Mit sympathischer Spitzfindigkeit erklärte der Autor jedoch, nur weil etwas gut formuliert aussähe, sei es noch lange kein Aphorismus, kein Kalenderspruch. Im Gegenteil: Die Meßmer-Trilogie besteht aus Tagebuch-Eintragungen Martin Walsers. „Ohne Plan, unwillkürlich fällt Dir etwas auf, das Sprache werden will“, beschreibt er den Entstehungsprozess. Als Schriftsteller kann er für sich Beruf und Leben nicht einwandfrei trennen: Das Schreiben sei eine Lebensart, die er nicht gewählt hätte, sondern die ihm schlichtweg passiert sei. Diese Lebensart, so sein Gesprächspartner, der Literaturredakteur Denis Scheck, beinhalte für Martin Walser rund 150 Reisetage im Jahr – nicht ganz das, was er sich mal unter dem Schriftsteller-Dasein vorgestellt hätte. Am Schreibtisch sitzen, schreiben, am Kamin sitzen, die Katze streicheln. „Gott segne Ihre Vorstellung“, kommentierte Martin Walser lachend und setzte hinzu: „Am Anfang sind Lesereisen notwendig, um Geld zu verdienen. Wenn das einmal nicht mehr in dem Maße nötig ist, kann man es nicht mehr lassen.“ Manchmal stelle er sich auch vor, dass sein Leben einmal im Zug zuende gehen könne – eine schöne Vorstellung. Als er aber ans Redepult tritt, um Auszüge aus allein drei Meßmer-Bänden zu lesen, rückt diese Vorstellung in weite Ferne: Er gestikuliert lebhaft beim Lesen, hebt und senkt die Stimme, zieht sein Publikum sowohl rhetorisch als auch inhaltlich mit seinen Texten in den Bann. Diese Überzeugungskraft ist kein Wunder, sieht er doch Meßmer als die Rolle der größten Nähe zu sich selbst. Warum er dann nicht gleich rein autobiographisch schreibe? Weil in solch einer Rolle eine gewisse Narrenfreiheit liegt. Gewisse Gedanken ließen sich so leichter ausdrücken, er fühle sich wohler dabei, manche Dinge bedürften keiner Erklärung bis ins letzte Detail. Den letzten Moment des dritten Bandes schreibt er so zum Schluss auch unkommentiert an eine kleine Tafel: „Das Leben lacht. Mich aus.“ Unter anhaltendem Beifall verbeugt er sich und verlässt die Bühne.

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