lit.COLOGNE 2013: Mutbürger – Alternative Demonstrationskultur
Journalist Florian Kessler hat jüngst einen Selbstversuch gewagt. Ein Jahr lang ist er auf diversen Demonstrationen mitgelaufen und dem in Deutschland neu erwachten Bürgerengagement auf den Grund gegangen. In einer Mischung aus Lesung und Streitgespräch mit dem Europa-Abgeordneten Daniel Cohn-Bendit, der wie kaum ein anderer für die Kunst des Demonstrierens steht, stellte er sein Buch Mutbürger auf der lit.COLOGNE vor. Von Melanie Schippling
Moderiert wurde die Veranstaltung von der stellvertretenden Chefredakteurin der WDR-Landesprogramme Sabine Scholt. Passend zum Veranstaltungsort Köln erklärte er, warum eine Demonstration karnevalesque Züge habe: Gesetze, Verbote und Bestimmungen seien vorübergehend außer Kraft gesetzt. Eine gelungene Demo, ob groß oder klein, sei ein Moment des kollektiv erlebten Glücks, des Einstehens für eine gemeinsame Sache, bestätigte auch Cohn-Bendit. Die ebenso ernst wie humorvoll geführte, lebhafte Diskussion der beiden verließ bisweilen die Metaebene der Demonstrationskultur-Analyse und driftete stattdessen ins Politische ab. Am Ende zogen die beiden jedoch ein klares Fazit zur Demonstrationskultur: Kessler betonte, dass er sich nicht sicher sei, in welcher Form, wohl aber, dass es in Zukunft immer Menschen geben werde, die Protest voranbringen würden – und das sei gut so. Cohn-Bendit stellte klar, dass die Politiker-Aussage, etwas sei alternativlos, falsch sei. Gäbe es keine Alternativen, gäbe es auch keine Demokratie. Und eben diese Alternativen müssten mutige Menschen weiterhin aufzeigen. So habe der junge Autor den negativ behafteten Begriff des Wutbürgers zu Recht ins Positive verkehrt.
Florian Kessler: Mutbürger, Carl Hanser Verlag, 14,90 Euro