ROUNDHOUSE REVERB –Eine filmische Installation der Kafka-Fragmente
„Einmal brach ich mir das Bein, das war das schönste Erlebnis meines Lebens“ – insgesamt 40 dieser melancholisch-absurden Kafka-Fragmente werden bis zum 26. April in einer filmischen Installation mit Musikclips des György Kurtág-Zyklus’ in der Eric F. Ross Galerie des Jüdischen Museums Berlin zu sehen und zu hören sein.
Die Kafka-Fragmente op. 24 des ungarischen Komponisten György Kurtág, entstanden 1987, zählen zu den bedeutendsten Werken zeitgenössischer Kammermusik. Der Zyklus für Sopran und Violine basiert auf Satzsplittern und Aphorismen Franz Kafkas. Die Installation ROUNDHOUSE REVERB lädt die Besucher ein, sich innerhalb einer kreisförmigen Anordnung, die einem Rundlokschuppen nachempfunden ist, zu bewegen und die einstündige Komposition der Kafka-Fragmente zu hören. Begleitet wird die Musik von Videoclips: Ausgehend vom zentralen Motiv der Reise und dem Weg in den Kafka-Fragmenten sind die Sopranistin Caroline Melzer und die Violinistin Nurit Stark über mehrere Monate der Gedankenwelt Franz Kafkas und der musikalischen Inspiration György Kurtágs von Berlin über Polen Richtung Russland gefolgt. Die 40 Musikclips zeigen die Künstlerinnen beim Spielen der zum Teil sehr kurzen Fragmente an unterschiedlichen Orten, unter anderem in Eisenbahnen, Rundlokschuppen und Unterführungen. Dabei löst sich der Osten, den Caroline Melzer und Nurit Stark bereisen, von konkreten Plätzen und driftet in ein Imaginäres. So werden die Frauen im Verlauf ihrer Tour manchmal zu Figuren aus Kafkas Welt oder zu Heldinnen des postsowjetischen Alltags. Die filmische Installation erforscht das absurde Potenzial der kafkaschen Textfragmente und nutzt die Architektur der Rundlokschuppen als Drehscheibe durch die Zeit.
Die Kafka-Fragmente op. 24 von György Kurtág
György Kurtág, 1926 geboren, wuchs in der jüdischen Tradition Budapests auf. Für seine Komposition wählte Kurtág unterschiedliche Texte aus dem Konvolut des Schriftstellers Franz Kafka individuell aus. Dabei interessierte ihn nicht vorrangig das Hauptwerk Kafkas, sondern vor allem Quellen aus seinen posthumen Tagebüchern und Textnachlässen: Von dem frühen Brief an seinen engen Freund Oskar Pollak 1903 bis zu den Betrachtungen, die 1917–18 entstanden und wahrscheinlich 1920 von Kafka zu einem Zettelkonvolut geordnet wurden. Die 40 zum Teil sehr kurzen Fragmente gehen bis an die Grenze spieltechnischer Möglichkeiten, Violine und Gesangsstimme bewältigen ein enormes Ausdrucksspektrum. Mit Die Guten gehn im gleichen Schritt beginnt der Zyklus, eines der zentralen Fragmente trägt den Titel Der wahre Weg.
Konzert mit Video am 10. April
Am 10. April haben die Besucher die Möglichkeit, eine Aufführung der Kafka-Fragmente mit den beiden Interpretinnen Caroline Melzer und Nurit Stark in den Ausstellungsräumen des Jüdischen Museums Berlin zu erleben. Das Konzert findet mit freundlicher Unterstützung der Ernst von Siemens Musikstiftung statt und wird von Deutschlandradio Kultur live übertragen.
Laufzeit
Jüdisches Museum Berlin: 15. März bis 26. April 2013
Ort: Eric F. Ross Galerie
Eintritt mit dem Museumsticket: 7 Euro, erm. 3,50 Euro