Rezension
Ein etwas einfältiger Dante im weißen Unterhemd balanciert auf den Köpfen Hitlers und Pinochets über den Blutstrom, stolpert über ein bis hier unten reichendes Atommülllager und dringt schließlich in den siebten Kreis der Hölle vor. Mit seinem Begleiter, dem Dichter Vergil, liefert er sich Wortgefechte im Screwball-Stil. Michael Meiers Nacherzählung der „Göttlichen Komödie“ ist albern, ergreifend, gegenwartskritisch und schön.
(ed)Kurzbeschreibung
Dante schildert in seiner Divina Commedia eine grandiose Jenseitsreise. In seinem neuen Comic nimmt uns nun auch Michael Meier, wie Vergil seinen Dante und Dante seinen Leser, an die Hand auf eine dunkle Abenteuerreise und Unterweltsfahrt - und hier gibt es, im Gegensatz zur literarischen Vorlage, so einiges zu lachen …
“Mir glaubt doch kein Schwein, dass ich hier war.
Die Wunder und Schrecken, denen wir hier unten
begegnen. Das will man doch mit der Welt teilen.”
“Eigentlich ist es genau wie oben!”
Michael Meier hat sich an Dante gehalten und sich doch ein ganz eigenes Bild vom Inferno gemacht. Er hat allseits bekanntes Bildinventar in den Höllen-Kontext gesetzt und hält uns damit letztlich den Spiegel vor. Jene Bestrafungs–Phantasien, die sich ein Dante nur im Jenseits vorstellen konnte, sind in unsere gegenwärtige, ganz irdische Welt übersetzt, die von Gott geschaffene Hölle ist vor der menschengemachten verblasst. Die gesellschaftskritische Dimension liegt jedoch nicht in einem Richten über die eigene Zeit, sondern in einer überaus aufmerksamen und vor allem unterhaltsamen Beschreibung unserer Zeit. Zugänglicher ist diese Hölle geworden - ein vieldeutiges, modernes Inferno voll von Überraschungen, Anspielungen und Wortwitz.
Und so führt uns Michael Meiers Dante, der sich nur mit einem Unterhemd bekleidet im 21. Jahrhundert verirrt hat, knapp sieben Jahrhunderte nachdem die literarische Vorlage entstanden ist, die ungebrochene Aktualität der Göttlichen Komödie vor Augen.
Für Kenner ebenso wie für diejenigen, die sich zum ersten Mal mit Dante auf Reisen begeben ein Höllenspass!
Das Inferno ist vom 02. August 2010 bis 30. Juli 2011 als täglicher Comicstrip in der Frankfurter Rundschau erschienen.
“Und so gewinnt diese stilistische wie inhaltliche Modernisierung des „Infernos“ dem Thema vieles ab, was unseren Blick schärft, auch für den alten Text. Und sie erweist Meier als einen der besten Erzähler im deutschen Comicgeschehen – selbst, wenn er nacherzählt, erzählt er weiter.” – Andreas Platthaus, FAZ
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