IdentiKid
BILDER UND WELTEN
Informationen: , 25 €
Verlag: avant-verlag
Rezension
Moa ist 25 und befindet sich in einem dieser Zwischenräume, in die man im Laufe des Lebens immer wieder gerät. Ihre Bewerbung um einen Platz im Studiengang Freie Kunst wurde abgelehnt. Ihre Freundinnen sind witzig und wunderbar, aber seit einer schlechten Erfahrung mit Spice kann Moa die Elektropartys und Psychedelika nicht mehr genießen. Die Wohnung verwahrlost, das Geld geht zur Neige, aber die Aussicht auf ein Leben als produktives Mitglied der Leistungsgesellschaft scheint genauso sinnlos. „Es fühlt sich so völlig egal an und als ob ich einfach zu müde bin. Wie als wenn einen jemand mitten in der Nacht weckt und einen so fragt: Könntest du mir vielleicht helfen, dieses völlig überflüssige Loch zu graben, bei Minusgraden. Ohne Jacke. Und man so: Äh, nein.“ Moa hat eine Angststörung und dissoziative Momente, traut der Realität nicht mehr. (Das lernen wir aus ihrer Google-Historie, nicht aus den Gesprächen mit ihrer Mutter und ihren Freundinnen.) Auf Tinder lernt sie „Fernsehpromi, 53“ kennen. Er sei nicht in sie verliebt, versichert er unter peinlichstem Emoji-Gebrauch, sondern wolle ihr Mäzen sein. Sie lässt sich auf ihn ein. Die Gespräche mit dem älteren, mächtigeren Mann helfen ihr über ihre Panikattacken hinweg, seine sexuellen Avancen verunsichern sie. Moa Romanova bricht mit unseren Sehgewohnheiten und populären Schönheitsidealen. Sie zitiert Disney und Manga und entwickelt vollkommen souverän einen einzigartigen Stil. Ihre Figuren sind wuchtig, die winzigen Köpfe verschwinden fast zwischen den breiten Schultern. Und wirken trotzdem oft verloren im Zwischenraum.
(ed)