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Volker Reiche

Kiesgrubennacht

BILDER UND WELTEN

Informationen: , 21.99 €

Verlag: Suhrkamp

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Redaktion

Leser

Rezension

Herr Paul ist unzufrieden. Der Kater, der auch in Volker Reiches "Strizz"-Strips die spektakulärsten Meinungen vertritt, fordert Action. "Hast du nicht gejault, du seist Kriegskind?" Bei Kriegsende war Reiche erst ein Jahr alt. "Keine Panzerschlachten?", fragt Herr Paul. "Schade. Und eine Nummer kleiner? Mann gegen Mann?" Der Zeichner seufzt. "Mann gegen Frau hätte ich zu bieten." Reiches Vater ist Kriegsberichterstatter und stolzer "Dichter des Führers", seine Mutter Gauleiterin im Bund Deutscher Mädel. Mit der Niederlage Hitlerdeutschlands verlieren sie weit mehr als ihre Heimat und ihren sozialen Status. Der Vater, eitel und unreif, verprügelt und verspottet seine Frau. Als Volker und sein jüngerer Bruder Sigmar einmal vergessen, den Meerschweinchenkäfig zu säubern, bricht er dem Meerschweinchen das Genick und wirft es auf den Müll. Die fünf Kinder spielen friedlich Krieg, lesen, was ihnen zwischen die Finger gerät, und träumen die Albträume ihrer Eltern. Volker zeichnet. Der erste Comic, den er sieht, eine Donald-Duck-Geschichte in einem "Micky Maus"-Heft, beeindruckt ihn tief.

Reiches Erzählgestus erinnert an das Lächeln, mit dem seine Mutter, während sie vorsichtig ihre blutig geschlagene Nase betastet, ihrem Sohn sagt, er könne aufhören zu heulen, sein Geburtstag sei noch nicht vorbei. Er untertreibt, und das macht die familiären Gewaltszenen so beklemmend. Jedes Kapitel wird von Herrn Paul, dem Dackel Herrn Müller und dem Boxer Tassilo diskutiert und analysiert - im Jetzt, im Garten, bei Walnusseis. Hier geht es um die kriegs- und volksverherrlichenden Gedichte von Reiches Vater, um Kunst als Kommentar und um den Prozess des Erinnerns selbst, der eben nicht die Wahrheit zutage bringt, sondern Fiktion erzeugt. "Ich eine Fiktion?", denkt Herr Paul, "Frechheit!"

(ed)

Kurzbeschreibung

»Bester deutscher Comic 2013« Die große Comic-Autobiographie des Kult-Comic-Zeichners (Strizz): Sommer 1948: Eine Flüchtlingsfamilie versucht ihren Platz im Nachkriegsleben zu finden. Der vierjährige Volker blickt mit Staunen auf die neue Welt, auf seine vier Geschwister und die Eltern, die nicht schuldlos aus dem Krieg gekommen sind. Der Familienvater hatte sich dem Nationalsozialismus als »Dichter des Führers« angedient, die Mutter war Gauleiterin im »Bund deutscher Mädchen«. Doch für Volker ist all das unverständlich, es wird Teil des großen Abenteuers Kindheit. Und des großen Abenteuers Kunst, denn 65 Jahre später ist aus dem Knaben der berühmte Comiczeichner Volker Reiche geworden. Volker Reiche hat mit Strizz von 2002 bis 2010 für die Frankfurter Allgemeine Zeitung den erfolgreichsten deutschen Zeitungscomic gezeichnet. Dafür hat Reiche wichtige Auszeichnungen erhalten: den Max-und-Moritz-Preis der Stadt Erlangen, den Olav-Gulbransson-Preis und den Swift-Preis der Stiftung Marktwirtschaft. Außerdem wurde er 2006 als »Bester deutscher Comiczeichner« ausgezeichnet. In seinem autobiographischen Großwerk Kiesgrubennacht legt Volker Reiche auf noch nie im Comic gesehene Weise Rechenschaft ab über das, was ihn zum Künstler werden ließ. Und über das Leben als Kind in der Nachkriegszeit. »Bester deutscher Comic 2013« Pressestimmen: »Volker Reiche hat ein spätes, ungewöhnliches, sehr gutes Stück Nachkriegsliteratur geschaffen.« Dietmar Dath, Frankfurter Allgemeine Zeitung »Ein gelungenes, großes Buch.« Martina Knoben, Süddeutsche Zeitung »So verständlich und klar und so eindringlich und verstörend, dass man es sich als Schullektüre wünscht. Für alle Nachgeborenen.« Elke Schmitter, DER SPIEGEL 48/2013 »Wie Volker Reiche in der Form des Comics riesige Erzählräume konstruiert und wirklich kunstvoll sein Leben erzählt, macht es zu einem Ausnahmebuch. Kiesgrubennacht ist ein ganz wichtiger Beitrag zur deutschen Literatur in der Form des Comics.« Denis Scheck »Der 1944 geborene Zeichner legt eine Nachkriegs-Autobiografie als Comic vor. Einen ›Abschied von den Eltern‹, der für eine ganze Generation stehen kann. Das unverarbeitete Grauen von Krieg und Holocaust verfolgt die Nachgeborenen bis in ihre Träume. Ein Meisterwerk.« Richard Kämmerlings, Die Literarische Welt »Ein Buch der Kontraste. Voller fiktiver Elemente und doch sehr real, cartoonhaft leicht gezeichnet und doch tiefgreifend, verstörend und aufmunternd, traurig und witzig: Ein Wechselbad der Gefühle und Perspektiven. Vor allem aber ist es erzählerisch und zeichnerisch souverän bis in den letzten Strich – einer der nachhaltig beeindruckendsten deutschen Comics seit langem.« Lars von Törne, Der Tagesspiegel »Eine große Autobiografie und ein Künstlerroman in Gestalt einer Graphic Novel.« Julia Schröder, Stuttgarter Zeitung »Dieser Comic ist so erschütternd und berührend, dass es auf vielen Seiten geradezu schmerzt beim Lesen und man den Band trotzdem nicht aus der Hand legen kann.« Martin Jurgeit, Der Tagesspiegel »Ein wunderbarer Lektüreeinstieg für Menschen, die sich schwertun mit der Kunstform Graphic Novel.« Rainer Moritz, Deutschlandradio Kultur


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