Leben und Ansichten von Tristram Shandy, Gentleman
BILDER UND WELTEN
Informationen: , 24.95 €
Verlag: Knesebeck
Rezension
Schon während der Zeugung waren die Eltern nicht recht bei der Sache. Durch einen Fehler des Arztes kommt das Kind dann mit einer plattgedrückten Nase zur Welt, und eine vergessliche Magd ist schuld daran, dass es den unglücklichen Namen „Tristram“ erhält. Doch die Handlung dieses Buches, dessen Autor mehr als sieben Kapitel braucht, um zwei Männer eine Treppe hinuntersteigen zu lassen, adäquat zusammenzufassen, ist unmöglich. Sternes „Tristram Shandy“ ist eine skurrile Ansammlung ineinander verkeilter Textarten und ausschweifender Abschweifungen. In neun Bänden gelangt der Erzähler kaum über die eigene Geburt hinaus.
Der Karikaturist Martin Rowson, der bereits T. S. Eliots „Waste Land“ und Swifts „Gulliver‘s Travels“ adaptiert hat, würdigt die Willkür des exzentrischen Erzählers kritisch. Sein Tristram Shandy zieht seine Leser buchstäblich an Nasenringen durch die labyrinthische Erzählung, vorbei an den monströsen Geschlechtsorganen der Eheleute Shandy, durch den Magen eines Wals und bis zum Mond. Auf die typischen Exkurse (etwa über Nasen, Steckenpferde oder die delikate Kriegsverletzung von Tristrams Onkel Toby) reagiert das gezeichnete Publikum mit Empörung oder Langeweile. Auch Rowson selbst taucht auf – und wird prompt von französischen Dekonstruktivisten zersägt. Rowson hat, wenn man so will, eine Meta-Meta-Erzählung geschaffen, klug und grotesk, unendlich detailreich und wirklich witzig. Auch wer dieses Buch zum dreißigsten Mal ansieht, wird noch Neues entdecken und lachen.