Alles Stehende verdampft
ERZÄHLUNGEN UND ROMANE
Informationen: , 22 €
Verlag: Ullstein
Rezension
Jewgeni ist ein junges russisches Klaviertalent, das von seinen Mitschülern gequält wird. Seine Tante Maria ist eine Dissidentin, deren Ex-Mann Grigori ein erfolgreicher Chirurg. An einen Frühjahrsmorgen des Jahres 1986 werden ihre Lebensuhren neu justiert. Fern von Moskau, am Rande eines weißrussischen Dorfes, erlebt der 13-jährige Artjom einen so noch nie gesehenen Sonnenaufgang: Rinder bluten aus den Ohren, Vögel fallen vom Himmel. Wenige Kilometer entfernt ist Reaktor 4 des Kernkraftwerks Tschernobyl havariert, und Grigori wird mit einem Notfallteam dorthin geschickt. Der 1979 in Irland geborene Darragh McKeon hat das radioaktive Inferno ins Zentrum eines Romans gerückt, der die Schicksale seiner Protagonisten bis ins Jahr 2011 verfolgt. Bei aller Dramatik ist dieses Höllenspektakel aber nur der Auftakt für den Zerfall der Sowjetunion, und am überzeugendsten ist McKeons Roman, wo er seinen Drang zum Spektakulären unterläuft. Schon von tödlichen Strahlen erfasst, bricht einer der Retter einen Notfall-Raum auf. Der aber ist leer: "Wozu soll man einen Erste-Hilfe-Raum in einem Gebäude ausstatten, in dem sich nie ein Unfall ereignen kann?", so lautet die Logik einer totalitären Ideologie, die den GAU von Tschernobyl ebenso überstehen wird wie den Zerfall der Sowjetunion.
(ub)Kurzbeschreibung
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