Laut des Neuen Wörterbuchs der Szenensprachen bezeichnet der "im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009" aufgekommene Begriff "Bankster" einen Bankangestellten, der "moralisch verwerfliche, spekulative (und möglicherweise auch illegale) Geschäfte macht". Einem solchen widmet sich Óskarsson. Doch statt eines skrupellosen Geldhais zeigt der Autor einen handlungsunfähigen Mann, der seine einst rosige Zukunft verloren sieht und sich mithilfe seines Tagebuchs durch den Alltag schlägt. Óskarsson gelingt es dabei, triviale Textformen wie Telefonate, Tagebucheinträge und Postkarten so einzusetzen, dass die Unbegreiflichkeit des Existenzverlusts auf jeder Seite fassbar wird.
(aj)
Es ist das Jahr 2008. Die Finanzkrise erschüttert das isländische Bankwesen, Island steuert auf die Staatspleite zu. Ohne vorherige Ankündigung verliert Markús über Nacht seinen Job bei einer Bank. Völlig perplex angesichts der Tatsache, dass künftig der Verzehr von foie gras bei Kerzenschein in ferne Vergangenheiten verbannt sein soll und dass 24 Stunden täglich ohne Arbeit bewältigt werden müssen, stürzt Markús in eine schwere Lebenskrise. Seine Freundin Harpa verliert ebenfalls ihre Stelle als Bankerin, nimmt aber sofort einen Job als Aushilfslehrerin an. Dass sie ihn immer wieder vorsichtig auf seine Arbeitssuche anspricht, macht die Sache für ihn nicht besser. Auch ein kurzer Ausflug in die aufkeimende isländische Bürgerbewegung hilft nicht weiter. Markús klammert sich an sein Tagebuch, dem er seine Beobachtungen zur Lage der Nation anvertraut. Er scheint sich in seiner neuen Rolle zunehmend einzurichten. Doch Harpa hat ein Geheimnis, und als sie ihn von einem Tag auf den anderen verlässt, wird sein Leben erneut auf den Kopf gestellt. Banker und Gangster: Das Schicksal des Liebespaares Markús und Harpa, die für die größten isländischen Banken arbeiten und beide während der Wirtschaftskrise 2008 ihre Arbeit und Zukunft verlieren.
Mit einnehmendem isländischen Humor und mit liebevollem Blick für seine Protagonisten erzählt Óskarsson von der persönlichen Krise eines jungen Mannes, dessen Leben durch die weltweite ökonomische Krise aus den Fugen gerät. Es ist zugleich das eindrucksvolle Porträt einer fortschrittsverwöhnten und profitgierigen Gesellschaft, deren ökonomischer Optimismus und blinder Wachstumsglaube jäh erschüttert werden.