Der Boden unter den Füßen
ERZÄHLUNGEN UND ROMANE
Informationen: , 26 €
Verlag: Limmat
Rezension
Dystopien sind das Genre der Stunde in einer alarmierten Welt, die auf die Klimakatastrophe zusteuert, doch Christoph Keller kehrt diesen Trend ins Gegenteil und entwirft eine Utopie. Auch seinen Protagonisten Lion wirft erst eine Katastrophe aus der Bahn. Eine Brücke, die er gebaut hat, stürzt ein und tötet zwölf Menschen. Lion zieht Konsequenzen, steigt aus seinem erfolgreichen Unternehmen aus und geht in seinen großen verwilderten Garten. Von dort aus unternimmt er immer weitere Streifzüge in die Natur, der Garten dehnt sich wie die Zeit. Seine Erinnerungen blitzen auf und verschwinden ebenso schnell wie die Menschen, die ihn dort besuchen: sein kurdischer Gärtner-Freund Sarhat, der vorlaute Nachbarsjunge Andri. Und seine große Liebe Cora, die Ökobestsellerautorin, mit der er zusammenlebt und sich doch immer weiter von ihr entfernt, je mehr er dem Vorwärtstreiben der digitalen Zivilisation den Rücken kehrt. Er erkundet das Wesen der Natur und findet lachende schwarze Eichhörnchen und sprechende Bären als Wegbegleiter in seinen immer wilder wuchernden Naturfantasien. Keller verschiebt die Realitäts- und Imaginationsebenen immer weiter und erzeugt so einen unheimlichen Sog. Und die Natur wird auch sprachlich zum Subjekt, je mehr Lion in ihr aufgeht.
(ts)