Die bessere Geschichte
ERZÄHLUNGEN UND ROMANE
Informationen: , 22 €
Verlag: Rowohlt
Rezension
Anselm Nefts neuer Roman zeichnet das Innenleben eines reformpädagogischen Internats Anfang der 1990er-Jahre im Vakuum der mecklenburgischen Provinz nach. Dort wird unter dem Deckmantel freiheitlicher Erziehung eine Ethik der Horizonterweiterung mit einer Praxis der Grenzüberschreitung gegenüber den Schutzbefohlenen verbunden. Neft nähert sich diesem fiktiven Kosmos als Dokumentar: Er macht das Innenleben seines jugendlichen Ich-Erzählers aus der Gegenwart des Erlebens zugänglich und verzichtet auf die Reflexion abkürzender moralischer Urteile. Missbrauch wird subtil als ein System von (Ver-)Führung und Suche nach Anerkennung geschildert. Indem der Roman einfache Antworten verweigert und Gewalt als ein sich fortschreibendes Bezugssystem eigener Ordnung herausarbeitet, stellt er wichtige Fragen: Was sind die Voraussetzungen von Verantwortlichkeit und Freiwilligkeit? Wie ist es um die Universalität der Menschenwürde bestellt? Wie lässt sich der Opfer-Täter-Dualität entkommen? Wie wird man nicht Täter, nur um nicht Opfer sein zu müssen? Nicht zuletzt artikuliert Neft, als früherer Schüler des Aloisiuskollegs selbst Betroffener, die Frage, wie sich der Künstler gegen die Stigmatisierung des Werks als Opfer-Kunst behaupten kann.
(dre)Kurzbeschreibung
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