Die freie Liebe
ERZÄHLUNGEN UND ROMANE
Informationen: , 16.99 €
Verlag: Luchterhand
Rezension
Alles beginnt mit einem sich lösenden Bademantel. Er fällt auseinander, als Lissa sich bückt, und Wolf kann sie "eine lange Sekunde lang" betrachten. Der 21-Jährige ist von Lübeck nach München gezogen; geflohen vor der übergriffigen Mutter. Lissas erotische Ausstrahlung wird Zentrum seiner beginnenden Befreiung und ihr Verlobter fungiert in dieser Ménage-à-trois als väterlicher Schlichter. Tatsächlich beginnt der erste Roman des Literaturkritikers Volker Hage mit dem Tod von Wolfs Mutter, 40 Jahre später. In ihrer Wohnung findet Wolf seine alten Tagebücher und Filme - und beginnt zu sichten. Der Leser schaut ihm über die Schulter, zurück ins München der frühen Achtziger. Bisher hat der junge Student Frauen arglos verführt, sucht in Filmen und Literatur Anleitung über die Spielarten der Liebe. Eigene Gedanken zur Sexualität entstehen nur zaghaft. Vorsichtig wendet er sich seinem bisher konturlosen Vater zu; eine Annäherung, die ihn stärkt. Und das braucht er, denn Lissa ist Meisterin der neurotischen Kommunikation. Dies ist eine mögliche Lesart der Tagebücher, die kaum erklären, sondern eher zeigen. Wolf präsentiert seine Gedanken trennscharf, in elliptischen Sätzen; und immer getrieben von der Frage: Was wollen Männer und Frauen eigentlich voneinander?
(jw)