Die Geschichte des Körpers
ERZÄHLUNGEN UND ROMANE
Informationen: , 18 €
Verlag: Droschl
Rezension
"Zunächst einmal muss die Musikalität des Satzes stimmen, dann fügt sich der Sinn", sagt der österreichische Schriftsteller Thomas Stangl, der für seine Erzählung "Die Toten aus Zimmer 105" mit dem "Wortmeldungen"-Literaturpreis 2019 ausgezeichnet wurde. Das Schöne an der Literatur ist für Stangl die Möglichkeit, dass die Toten im selben Gegenwartsraum existieren können wie die Lebenden. In vielen seiner 30 Erzählungen und Miniaturen lotet er diese Grenzen zwischen Leben und Tod aus, entgrenzt oftmals die Körper und wirft uns hinein in das subjektive Empfinden - in dem die Zeiten und Erinnerungen sich ineinanderschieben. Surreal und schlafwandlerisch oszillieren seine Figuren in diesen Worträumen und rühren an das Unterbewusste. "Am See" kratzt und zerrt die Zeit, die Stimme des Autors gebärt "An einem Wintermorgen" ein paar nasse pelzige Kinder-Kugeln. Die Pelzkugeln und auch Anna, der wir gleich zu Beginn bei der "Monster"-Sichtung beiwohnen, bewegen sich autonom durch verschiedene Texte, schaffen Verbindungen und Irritationen. "Es ist Zeit, mit dem bequemen Erzählen aufzuhören und die Perspektive umzudrehen", schreibt Stangl in der ausgezeichneten Geschichte "Die Toten aus Zimmer 105". Den Körpern sind die Erinnerungen eingeschrieben, Stangl erweckt sie zum Leben.
(ts)