Die glückliche Moskwa
ERZÄHLUNGEN UND ROMANE
Informationen: , 24 €
Verlag: Suhrkamp
Rezension
„Moskwa“ heißt nicht nur Moskau auf Russisch, es ist auch der Name der Heldin von Andrej Platonows letztem, unvollendetem Roman aus den 1930er-Jahren. Die Waise Moskwa ist eine schöne junge Frau und das ungreifbare Zentrum des Romans. Alle Männer, die sie kennenlernen, verfallen ihr, und auch sie liebt auf ihre Weise alle, ohne bei einem lange zu bleiben. Als tollkühne Fliegerin und Fallschirmspringerin zu einer landesweiten Berühmtheit geworden, arbeitet Moskwa beim Bau der Moskauer Metro. Dort verliert sie ein Bein, woraufhin auch der operierende Chirurg sich in sie verliebt?… Diese scheinbar überschaubare Handlung hat vielfach doppelten Boden, denn nicht nur die schöne Moskwa selbst ist auch ein Symbol für etwas anderes (die neue Stadt, die junge Sowjetunion). Auch ihre Männer sind bei aller Individualität Vertreter gesellschaftlicher Archetypen, und die Sehnsucht nach Liebe fällt zusammen mit der Hoffnung auf eine bessere Welt. Die fieberhafte Aufbruchstimmung im Moskau des zweiten Fünfjahresplans ist deutlich spürbar. Doch der Optimismus und das Vorwärtsstreben der jungen Sowjetmenschen werden konterkariert von existenziellen Zweifeln und unerfüllbaren Sehnsüchten.
(kgr)