Die Infantin trägt den Scheitel links
ERZÄHLUNGEN UND ROMANE
Informationen: , 20 €
Verlag: Jung und Jung
Rezension
Eine Kindheit auf dem Land, die absolut nichts mit Idylle zu tun hat. Ein junges Mädchen, die Kleinste in der Familie, die vor lauter Vernachlässigung den Bauernhof in Flammen aufgehen lässt und sich in albtraumhafte Fantasiegebilde flüchtet. Und eine Familie, die sich nicht entscheiden kann, ob zwischen all dem Hass auch noch etwas Liebe übrig bleibt. In Helena Adlers Roman durchlebt die Protagonistin ein einziges Martyrium. Ihre Zwillingsschwestern verabscheuen sie bis aufs Blut und lassen ihre sadistischen Gemeinheiten jeden Tag an ihr aus, die Mutter ist abweisend und zutiefst religiös und der Vater nur ihr gegenüber liebenswürdig, ansonsten aber unzurechnungsfähig. Als auch noch ihre Urgroßeltern sterben, beginnt ein Kampf um Selbstbehauptung, bei der ihr lediglich die Wölfe zur Seite stehen. Helena Adler zeichnet eine so morbide Kindheit nach, dass das Buch eine einzige Odyssee ist. Sprachlich bewegt sie sich irgendwo zwischen Brutalismus und Skurrilität, jagt die Lesenden durch einen einzigen surrealen Albtraum, jedes Wort heftiger als das Vorangegangene, jede Seite ein Aufschrei gegen die Gewalt. Wer die abgrundtief böse Dynamik des Buches aushält, wird mit einem wahren Kunstwerk beglückt.
(aw)