Die Nickel Boys
ERZÄHLUNGEN UND ROMANE
Informationen: , 23 €
Verlag: Hanser
Rezension
Der Schmerz beginnt bereits mit der Einleitung, mit namenlosen Gräbern nahe der Nickel-Besserungsanstalt für Jungen. Und wenn Whitehead in die Sechzigerjahre nach Tallahassee blendet, zu dem klugen und fleißigen Elwood Curtis, der 15-jährig bereits ein tiefes Gerechtigkeitsgefühl besitzt und dessen wertvollster Besitz eine LP mit der Rede Martin Luther Kings auf dem Zion Hill ist, zieht er in den Knochen wie ein nahendes Gewitter. Der Leser weiß, dass jeder Schritt, den Elwood in seinem weiteren Leben macht, ihn an diesen verteufelten Ort führen wird. Whitehead, der für "Underground Railroad" mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet wurde, ist ein gnadenloser Chronist des Unrechts. Seine Sprache, so federleicht wie unmissverständlich und intensiv, spürt den Zusammenhängen der finsteren Tatsachen nach und dokumentiert die vielen Wunden und Demütigungen, die Menschen dunkler Hautfarbe ertragen müssen. Die Geschichte der Nickel Boys wartet mit Überraschungen auf, doch das Grauen, ausgelöst durch Männer, deren Väter bereits schlugen, und der tief verinnerlichte Freibrief, den sie in sich tragen, andere Menschen zu unterdrücken, peinigt wie erwartet - auf höchstem literarischem Niveau.
(md)