Fehlstart
ERZÄHLUNGEN UND ROMANE
Informationen: , 18 €
Verlag: Hanser
Rezension
Die Zeit an der Uni hat sich Aurélie als das goldene Zeitalter ihres Lebens ausgemalt. Doch im Jurastudium ist sie verloren und gelangweilt, Grenoble deprimiert sie. Als Alejandro, der kolumbianische Literaturstudent, in den sie rettungslos verliebt ist, sich von ihr trennt, beschließt sie, nach Paris zu gehen. Doch dort sind bereits alle anderen. Eine bezahlbare Wohnung gibt es nicht, sinnlose Zeitarbeit als Empfangsdame frisst ihr Leben auf. Manchmal kriecht sie bei Benjamin unter, einem Bürgersohn, der aus Stolz versucht, sich als Pizzabote durchzuschlagen. Schließlich lernt sie Franck kennen, der mehr als doppelt so alt ist wie sie und sie gegen Geschlechtsverkehr und eine Kitschversion von Liebe in seiner luxuriösen Innenstadtwohnung wohnen lässt. Doch da taucht Alejandro wieder auf?… „Fehlstart“ ist eigentlich kein Roman, sondern ein Leitartikel, eine kluge und detaillierte Kritik an der Absurdität des Neoliberalismus, der das Gegenteil von Freiheit schafft, und der französischen Klassengesellschaft, in der soziale Mobilität eine Illusion bleibt. Aurélie, Alejandro, Benjamin und vor allem Franck sind eigentlich keine Figuren, sondern Argumente, Illustrationen. Trotzdem ist der Roman die richtige Form für diesen Text. Weil Spannung, Sex und Empathie uns nahezu alles besser verstehen lassen als bloße Fakten.
(ed)