Heute leben wir
ERZÄHLUNGEN UND ROMANE
Informationen: , 20 €
Verlag: S. Fischer
Rezension
Dieses Buch verstört, es sät Zwietracht. Kann man, ja darf man mit einem Menschen, der so grausame Dinge verrichtet, der der SS angehört und blutrünstig Menschen ermordet, mitfiebern, ihm gar Mitgefühl entgegenbringen? Darf man sich wünschen, dass er entkommt? Nein, oder ja, wegen Renée? Das jüdische Mädchen hat in dem folgsamen SS-Mann irgendetwas ausgelöst. Er wollte sie töten, so macht man das mit den Juden. Doch er konnte es nicht. Er versteht selbst nicht warum, er weiß, dass er eine Bestie ist, und doch weckt sie etwas in ihm, das tief vergraben war. Können sie zusammen überleben, ja, leben? Die Drehbuchautorin Emmanuelle Pirotte schafft es in ihrem Roman-Debüt, dass man mitten in den kalten Kriegswinter 1944 katapultiert wird und mit den aufgeführten Fragen im Kopf verängstigt durch den Schnee stapft. Man ist ebenso irritiert über die eigenen Gefühle wie der SS-Offizier und doch hofft man insgeheim, dass dieses ungleiche Paar eine Zukunft haben kann. Die Protagonisten sind außergewöhnliche, faszinierende und gelungene Charaktere, die einen auch lange nach der Lektüre des Romans beschäftigen. Es ist ein mutiges und berührendes Buch, das uns einmal mehr die Wirren und Schrecken des Krieges vor Augen führt und an das Mitgefühl des Lesers appelliert.
(lin)