Müllmann auf Schafott
ERZÄHLUNGEN UND ROMANE
Informationen: , 22 €
Verlag: Matthes & Seitz
Rezension
Fafa ist der jüngste Spross einer dysfunktionalen Familie. Der Vater herrscht zu Hause mit eiserner Hand, die Mutter verbringt isoliert genau dort den größten Teil ihrer Zeit. Ihren Wahnsinn, wie Fafa es nennt, bekommen die vier Kinder regelmäßig zu spüren, die selbst auf ihrem Weg straucheln: Sie reißen aus, bestehlen ihre Eltern oder werden zu Kleinkriminellen, wofür sie regelmäßig erneut Prügel beziehen. Die Familie ist aus Algerien nach Frankreich eingewandert. Während sie für Verwandte die Wohlhabenden sind, können sie sich in Paris gerade so über Wasser halten, kämpfen mit Diskriminierung und müssen ihre Identität neu verhandeln. Benotman zeichnet Fafas Heranwachsen mit schonungsloser, drastischer Sprache und mehr als einer Prise Galgenhumor. Die Erzählung aber besteht weniger aus einer Entwicklung des Protagonisten, sondern vielmehr aus einer Reihung von Eskalationsstufen: Während Fafa anfangs beim Ladendiebstahl erwischt und nur verwarnt wird, wird er später wegen Raub mit Gewaltanwendung angeklagt. Auf die Schilderung der Gewaltexzesse folgend lässt sich nach dem Warum fragen – familiäre Prägung, „falsche“ Freunde, fehlende Integration, Versagen des Sozialstaats? Es ist dem Leser überlassen, sich in der Handlung und der Reflexion darüber zurechtzufinden.
(mel)