Nulluhrzug
ERZÄHLUNGEN UND ROMANE
Informationen: , 18 €
Verlag: Aufbau Verlag
Rezension
Es ist ein zusammengewürfelter Haufen von Menschen, die als Erstbesiedler die Neunte beziehen. Eine Siedlung irgendwo entlang einer Bahnlinie – und der einzige Zweck ihrer Existenz ist das tägliche Passieren-Lassen des Nulluhrzugs. Dieser Zug taucht als dunkles, verrammeltes Ungetüm mit ungewisser Ladung und Ziel aus der Nacht auf, rauscht durch die Siedlung und verschwindet in der Ferne. Obwohl dies bereits das Einzige ist, was es über den Zug zu wissen gibt, steht er im Zentrum des Romans. Denn an ihm entzünden sich Diskussionen, entstehen Zweifel. Zweifel allerdings nicht nur am Zweck des „Nullers“ selbst, sondern genauso beim Gegenüber Zweifel am Zweifler, die immer wieder Anlass für Beobachtung und Denunziation werden. Gleichsam gibt es einen Alltag entlang der Bahnlinie: Kinder werden gezeugt, es wird gestritten, zusammen getrunken und gespielt. Wer allerdings dorthin zu gelangen versucht, wohin der Zug fährt, kehrt wahnsinnig oder gar nicht mehr zurück. Über die Jahre wechselt der Posten des Stationschefs, Menschen verlassen die Siedlung und Iwan bleibt als Letzter zurück. Sein Festhalten an den Routinen wirkt fast verloren, ist jedoch die Folge seines auf seine Funktion reduzierten Daseins. Ein Nachwort bietet eine ausführliche kulturhistorische Einordnung des Romans.
(mel)