Schutzzone
ERZÄHLUNGEN UND ROMANE
Informationen: , 24 €
Verlag: Suhrkamp
Rezension
„Es sind die Grenzen, die Einteilungen, die uns beruhigen, die Aufteilung zwischen Schlafen und Wachsein, in Wahrheit und Lüge, in heimlich und legitim, und auch wenn diese Grenzen willkürlich gezogen werden, glauben wir ihnen doch.“ Dieser Roman ist ein einziger innerer Monolog, sprunghaft, schmerzvoll, desillusioniert. Mira arbeitet für die Vereinten Nationen, sie leitet in Genf Verhandlungen zum Zypernkonflikt. Durch ein Wiedersehen mit Milan, bei dessen Familie sie als Kind während der Trennung ihrer Eltern einige Monate wohnte, wandern ihre Gedanken auch immer wieder dorthin zurück. Und während sie in ihrer Affäre mit Milan Grenzen überschreitet, wird auch ihre Rolle bei der Aufarbeitung des Völkermordes in Burundi hinterfragt. Ihre innere und äußere Welt gerät ins Wanken, sie muss sich der Frage stellen, wer sie in allem ist. Wie Bossong die Grenzen zwischen persönlichen und politischen Beziehungen in Miras Gedankenwelt verschränkt und ineinandergreifen lässt, ist eine große Kunst. Es ist die assoziative und poetische Sprache, die diesen hypnotischen Sog erzeugt, der den zutiefst menschlichen Bürokratiesumpf hinter der großen Bühne der Weltfriedenspolitik ergründet.
Bossong sprengt sprachgewaltig die Schutzzone zwischen persönlichen und politischen Grenzüberschreitungen.
(ts)