Trümmerfrauen
ERZÄHLUNGEN UND ROMANE
Informationen: , 22 €
Verlag: Edition Nautilus
Rezension
In einer Kleingartenkolonie in Leipzig hat Ottilie ihren Garten, doch vor einiger Zeit ist sie von einer Leiter gestürzt und lebt seither in einem Seniorenwohnheim. Diese Gelegenheit haben Karola und gleichgesinnte Kameraden genutzt und den Garten okkupiert. Statt Rosen, die nach befehlsverweigernden Wehrmachtsoffizieren benannt sind, wachsen dort nun Kohlköpfe für die Verteidigung der Heimat. Mit diesen Geschehnissen kommt Lou nicht zurecht: Ottilie ist ihre Familie, der Garten ist eine Zuflucht gewesen für sie und ihren 20-jährigen Sohn Anatol, der gerade in den USA ist. Am Erntedankfest kommt es zu einem Showdown. Bestechend genaue Fiktion trifft in Christine Koschmieders Roman auf historische und gegenwärtige Realitäten. Sie zeichnet ein genaues Bild von denen, die angesichts des wiedererstarkten Rechtsextremismus und Nationalismus in hilfloser Starre und dem Wunsch nach Normalität verharren, und thematisiert die Auseinandersetzung mit historischer Schuld. Dadurch zeigt sie Kontinuitäten auf, die gerne verschwiegen werden. Dazu kommt ein gehöriger Schuss bitterer Humor sowie unbedingte Kampflustigkeit. Bei Lou ist manches ein wenig zu grell und überzeichnet, aber insbesondere das Ende ist in seiner knallharten Konsequenz bemerkenswert.
(sh)