Vor Anbruch der Morgenröte
ERZÄHLUNGEN UND ROMANE
Informationen: , 20 €
Verlag: Matthes & Seitz
Rezension
Es ist eine Mixtur aus "Tribute von Panem" und Orwells "1984", welche der 1976 geborene Schriftsteller Philipp Schönthaler mit seinem aktuellen Erzählband "Vor Anbruch der Morgenröte" liefert, ein Buch, das zwischen gestern und morgen wandelt und nicht vor krassen Spagaten zurückscheut: Während in "Orchid Yards" die einen für mehr Freiheit auf den Straßen demonstrieren, tauscht sich der Vorstand eines Datenmoguls wenige Meter entfernt über die Praxis des Ausspähens aus. In "Die Zone" begibt sich eine Ich-Erzählerin auf eine künstliche Big-Brother-Insel, wo sie von Kameras beobachtet wird. Nichts ist in den dystopischen Welten echt. Selbst der Wilde Westen, den der Autor mit allen Klischees in einer Geschichte heraufbeschwört, wirkt wie ein Relikt. Nachdem einer seiner letzten spätmodernen Cowboys einen Mord begangen hat, wird an ihm nicht nur die archaische Todesstrafe vollzogen, vielmehr wird sein Körper anschließend digitalisiert. Sind die Texte etwas dick aufgetragen? Sicherlich. Auch an plakativen Gegenüberstellungen mangelt es nicht. Doch ihr sprachlicher Variationsreichtum sowie ihre visionäre Energie zeugen von einer Literatur, die Kunstfertigkeit und Gesellschaftskritik klug vereint.
(hay)Kurzbeschreibung
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