Boys don't cry
SACHBÜCHER
Informationen: , 16.9 €
Verlag: Edition Nautilus
Rezension
Als Jack Urwin zehn Jahre alt war, fragte er seinen Vater, der mit einer Erkältung zu Hause geblieben war, wie es ihm ginge. "Besser", sagte der Vater und starb. Das Narbengewebe in seinem Brustraum verriet, dass er vorher schon einmal einen Herzinfarkt gehabt hatte. Nur hatte er weder mit einem Arzt noch mit seiner Familie darüber gesprochen. Männer holen sich seltener Hilfe, sie begehen 98 Prozent aller Amokläufe und nehmen sich dreimal häufiger als Frauen das Leben. Die eklatante Überbewertung von Männlichkeit schadet ihnen, obwohl sie diese Gesellschaft dominieren. Urwin schreibt dagegen an, fundiert, witzig, einfühlsam. "Sind wir nicht schon weiter?", fragt Caspar Shaller in der ZEIT. "Muss man Männlichkeit überhaupt neu definieren? Kann die nicht weg (zusammen mit Weiblichkeit und dem binären Geschlechterballast)?" Eigentlich ja. Binäre Geschlechterstereotype haben sich als realitätsfern erwiesen, in den meisten Zusammenhängen schädlich. Doch jenseits der ZEIT-Kommentarspalten, in den Kneipen und auf Reddit sind die meisten Menschen eben noch nicht so weit. In einer Welt, in der Männer, die sich in ihrer Männlichkeit bedroht fühlen, Feministinnen terrorisieren, Schwule verprügeln und Transfrauen totschlagen, ist dieses Buch ein erster Schritt in die richtige Richtung.
(ed)