Das Meer, die Liebe, der Mut aufzubrechen
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Informationen: , 22 €
Verlag: Folio Verlag
Rezension
Andrea Marcolongo erzählt die Argonautensage, also Jasons Rückholaktion des Goldenen Vlieses, neu. Die Geschichte des Griechen, der Prüfungen besteht und neben der Trophäe auch eine Braut (Medea) heimführt, sei ein Weckruf. Wahres Heldentum impliziere den Aufbruch zu fremden Ufern. Dafür brauche es Selbstvertrauen, Courage und Verantwortungsgefühl. Die Leinen loslassen heiße auch, Fehlschläge zu verkraften. Für diese Lesart wird „Die Argonautenfahrt“ des Apollonius von Rhodos mit dem Ratgeber „How to Abandon Ship“ (1942) verknüpft, einer Überlebensfibel für Schiffbrüchige. Die Altphilologin legt ihr Buch als Lehrstück an und – erkennbar – als Selbsttherapie. Ihre Brücke von der Antike zur heutigen „Tyrannei der Leistungsgesellschaft“ führt über eine psychologisierende Deutung der Argonauten-Abenteuer und etymologische Exkurse, etwa zum „überhaupt nicht griechischen“ Wort Xenophobie oder zu Platons Verlinkung von Eros und Heros: Die Liebe sei die Kraft, die Menschen dazu bringe, ein Held zu werden. Das reimt sich gut auf Marcolongos Arbeit am Mythos. Die grausamste Episode der Argonauten-Heimfahrt – Medeas Brudermord – hat darin freilich keinen Platz.
(wal)