Auch die Autokraten dieser Welt können einige Entwicklungen nicht ignorieren - zum Beispiel die Explosion der Sozialen Medien oder das globale Streben nach Wohlstand und freier Meinungsäußerung. Dobson reiste in China, Venezuela, Russland und Ägypten und traf mutige und engagierte Aktivisten. Die Beispiele und die sorgfältige Recherche machen aber das Fehlen von Analyse nicht ganz wett. Mit etwas mehr Distanz zum eigenen Gegenstand hätte der Verfasser bemerkt, dass die Diktatoren von heute doch auf Strategien wie Gewalt und Einschüchterung zurückgreifen - und insofern kaum anders sind als ihre Vorgänger.
(clb)
Was haben die Staatschefs von Russland, China und dem Iran gemeinsam?
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts brachten Diktatoren die Welt an den Abgrund, bis zur Jahrtausendwende waren sie mit dem »Ende der Geschichte« fast totgesagt. Heute beherrschen sie wieder das Tagesgeschehen. Um ihre Macht zu sichern, gehen sie – wie in Nordkorea und Syrien – mit Unterdrückung und Gewalt gegen das eigene Volk vor. Doch rund um den Globus haben sich Autokraten auch Strategien zu eigen gemacht, die ihr Überleben in der modernen Welt sichern, Strategien, die man in Meetings westlicher Consultingfirmen vermuten würde, nicht in russischen oder chinesischen, ägyptischen oder iranischen Machtkorridoren.
Mit »Diktatur 2.0« wirft William J. Dobson – »die neue Stimme zum globalen politischen Geschehen« (Fareed Zakaria) – einen Blick in diese Korridore und vollzieht nach, wie das neue Machtmanagement der Despoten funktioniert. Und er stellt die mutigen Menschen vor, die sich – vernetzt, kreativ und hartnäckig – dagegen zur Wehr setzen.
"Die Stärke dieses Buches liegt also nicht in Prognosen. Sie liegt auch nicht in den zahlreichen Machtkabalen in Caracas, Kairo oder Moskau - das meiste kennt man bereits aus der Zeitung. Es sind vielmehr die persönlichen Begegnungen Dobsons mit Systemfunktionären und deren Gegnern, die das Buch lesenswert machen."
Tim Neshitov, Süddeutsche Zeitung (09.10.2012)