Hauptstadt der Tiere
SACHBÜCHER
Informationen: , 30 €
Verlag: Ch. Links
Rezension
Auf seinem Gebiet befanden sich die Kriegsfront und der Streichelzoo. Durch seine Tore strömten preußische Bürger und sowjetische Soldaten. Die Rede ist vom Zoologischen Garten in Berlin. Die Geschichte des ältesten deutschen Tierparks vereint starke Gegensätze - und der Historiker Clemens Maier-Wolthausen präsentiert sie sehr anschaulich. Originalfotos, Plakate, Mappen, Eintrittskarten und andere visuelle Details ergänzen das chronologisch aufgebaute Werk. 1844 öffnete der Tierpark erstmals seine Pforten und im Laufe der 175 Jahre ist er eine Institution geworden, an der sich Epochen und Mentalitäten, kollektive Ängste und Vorurteile spiegeln. Der Autor berichtet über die "Völkerschauen" der 1870er, bei denen Ureinwohner Grönlands und Afrikas zu betrachten waren. Auch die Vertreibung der jüdischen Aufsichtsratsmitglieder des Zoos in Zeiten des Dritten Reiches ist ein Thema. Gleichzeitig berührt das Buch, weil es zeigt, wie die Tiere des Zoos den Berlinern immer wieder Fürsorge und Bewunderung entlockten, nicht nur in Friedens-, sondern sogar in Kriegszeiten. Rasch wird dem Leser bewusst: Die Geschichte des 175-jährigen Tierparks verrät über kein anderes Wesen so viel wie über unser eigenes. Dem Autor ist ein wunderbar vielschichtiges und lehrreiches Buch gelungen.
(ang)