Rückkehr nach Birkenau
SACHBÜCHER
Informationen: , 18 €
Verlag: Aufbau Verlag
Rezension
März 1944: Die französische Jüdin Ginette Kolinka wird in Avignon von der Gestapo verhaftet und nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Bei der Ankunft glaubt sie, es handle sich um ein Arbeitslager und ermutigt den gemeinsam mit ihr verschleppten Vater, Bruder und Neffen, einen Lastwagen zu besteigen, womit sie die drei unwissentlich direkt in die Gaskammer schickt. Der Leser erlebt Kolinkas Kampf ums Überleben mit den Augen der damals 19-Jährigen. Besonders eindringlich wirkt die weibliche Perspektive ihres Berichtes, wenn sie zum Beispiel anmerkt, keine junge Frau im Lager habe mehr menstruiert – mager, kränklich und verstört, wie sie waren. Wie ihr, die selbst unter Schwestern nie ihren Körper vollkommen entblößt hatte, gewaltsam die Scham entrissen wird – nackt und schutzlos bei jeder Selektion durch SS-Ärzte, bei jeder gemeinsam mit anderen Häftlingen zu verrichtenden Notdurft. Nach der Befreiung des Lagers kehrt sie 1945 zurück ins Elternhaus, wo sich ihre Mutter und Schwestern versteckt hatten. Mittlerweile 94, fährt sie regelmäßig nach Auschwitz-Birkenau, um dort Schulklassen zu berichten, was sie am eigenen Leib erfahren hat – den „Hass im Reinzustand“. Ihr Buch endet mit dem Satz, sie danke „den Schülern, die uns ersetzen werden, wenn wir einmal nicht mehr sind.“
(kal)