Schiffbruch vor Lampedusa
SACHBÜCHER
Informationen: , 20 €
Verlag: Wallstein
Rezension
Momentan hat die Seenotrettung vor Lampedusa wieder mediale Hochkonjunktur durch das couragierte Anlanden der Seawatch-Kapitänin Rackete. Es sind Menschen wie sie, denen Enia sein Buch gewidmet hat. Doch er konzentriert sich vor allem auf das Leben und Sterben auf Lampedusa - dieser Insel, die für viele Menschen zum Rettungsanker auf ihrem Weg nach Europa geworden ist. Mit seiner ganz persönlichen Vater-Sohn-Geschichte im Gepäck will Enia sich ein eigenes Bild machen und spricht mit Rettungstauchern, Fischern und Freunden, die auf der Insel leben. Diese eindringlichen Augenzeugenberichte schmerzen und öffnen die Augen für die persönlichen Schicksale der Flüchtlinge und ihrer Retter. Allgegenwärtig ist der Tod auf dieser Insel auch im zweiten Erzählstrang, in der Enia mit seinem Vater, dessen Bruder Beppo im Sterben liegt, die Insel erkundet. Recherchen und Reflexionen verschwimmen und legen offen, was am Ende wirklich zählt: die Menschlichkeit, die keine Grenzen kennt oder in den Worten des alten Friedhofswärters von Lampedusa: "Für mich sind alle Menschen gleich (…). Wir können schwarz, grün oder rot sein, aber innen drin haben wir alle weiße Knochen." Gut, dass es dieses Buch gibt, denn wenn die Medienwelt wieder abtaucht, wird es als literarisches Denkmal bestehen.
(ts)