Der Novembermann
ERZÄHLUNGEN UND ROMANE
Gelesen von Michael Mendl, Hans-Michael Rehberg
Informationen: Hörspiel, 82 Minuten, 1 CDs, 15.95 €
Verlag: Hoffmann und Campe
Rezension
Schade, schade: Ein weitgehend gut geschriebener Plot wird bei diesem Hörspiel durch ein allzu schwaches Ende abgewertet. Die Geschichte um den ich-bezogenen Pastor Hermann, der seine tödlich verunglückte Ehefrau durch deren blinden Liebhaber mit anderen Augen zu sehen lernt, bietet dramaturgisch genug (Konflikt-)Stoff, um den Hörer zu fesseln. Eine vertrackte Dreiecksbeziehung zwischen gehörntem Ehemann, Liebhaber und toter Ehefrau. Die Spurensuche nach dem Doppelleben seiner Frau verändert Hermann. Auf Sylt lernt er seinen Nebenbuhler kennen, den blinden Henry, der im Gegensatz zu ihm, dem "offiziellen" Seelsorger, wirklich hin- und zuhört. Langsam nähert Hermann sich Henry und damit seiner verstorbenen Frau an. Er gewinnt einen neuen Zugang zu ihr, seiner Tochter und letztlich sich selbst.
Geschickt nutzt Vattrodt den inneren Dialog Herrmanns, um Situationen zu beschreiben. Ein Kunstgriff, der einen Erzähler überflüssig macht. Leider aber legt er Figuren und Handlung zu symbolträchtig an: ein blinder Klavierspieler, der früher Fotograf (!) war, lehrt den für seine Umwelt blind gewordenen Pastor (!), wieder das Sehen - oha. Und dann noch ein Happy End, das einer Rosamunde Pilcher würdig wäre. Man merkt, dass die Vorlage ursprünglich für das Fernsehen geschrieben wurde und ein süßes Ende wohl Pflicht war ...