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Interview: Christian Bärmann (bär)

Ranga Yogeshwar

„Am Ende muss jeder zum Entdecker werden“

Schlägt man im Lexikon das Wort „Wissenschaftsjournalist“ nach, könnte man dort sein Bild finden: In mehr als 1.000 Fernseh- und Radiosendungen hat Ranga Yogeshwar bislang die Welt der Wissenschaften für jedermann verständlich erklärt. Wie man diese Welt Kindern schmackhaft macht, erzählte er hörBücher.

hörBücher: Herr Yogeshwar, wie erklärt man Kindern am ­besten, dass Wissen etwas Wertvolles ist und nicht etwas, das sie für die Schule lernen müssen?

Ranga Yogeshwar: Bei Kindern darf man gar nicht mit den Kategorien „Schule“ oder „nicht Schule“ beginnen. Man muss sie bei ihrer natürlichen kindlichen Neugier packen. Neugier ist das Motiv, um sich mit dem einen oder anderen zu befassen. Kinder sind sehr unkonventionell, sie probieren viel aus und stellen, in einer Welt, die für sie natürlich völlig neu ist, viele Fragen. Manchmal bekommen sie Erklärungen, die dann sehr akademisch sind, so dass das Kind es nicht versteht – oder die Darstellung ist so kindlich, dass das Kind irgendwann merkt, dass es auch das nicht sein kann. Bei der Zielgruppe Kinder muss man sehr klar differenzieren: Sie müssen einem 8-Jährigen etwas vollkommen anders erklären als einem 10- oder 12-Jährigen. Entscheidend für Kinder ist aber Glaubwürdigkeit. Der größte Fehler ist es daher, wenn man von oben herab doziert. Man muss ehrlich sein und auch mal eingestehen, wenn ein Versuch daneben ging. Mein Credo speziell bei Kindern wäre, sie selbst im Prozess des Nachdenkens zu unterstützen. Ich bin ein Partner und nicht der Richter.

Wie meinen Sie das?

Man soll die Kinder dahin bringen, dass sie selbst die Fragen stellen. Und nie die Vokabel „richtig“ oder „falsch“ verwenden. Die Herleitung der Antwort soll selbst erfolgen. Auf genau diesem Weg muss man sie unterstützen und ihre Ansätze und Thesen gemeinsam hinterfragen. Meistens ist es sehr spannend zu sehen, wie Kinder dann selbst schwere Fragestellungen ganz systematisch angehen.

Warum geht die angeborene Neugier bei vielen Kindern verloren?

Unsere Gesellschaft macht einen großen Fehler – ich nenne ihn „Verkommerzialisierung“ der Kinder. Seit Kinder als Kunden entdeckt wurden, werden sie verrückt gemacht und mit Werbung bombardiert. Sie werden genötigt, Handy-Klingeltöne, Handys und völlig idiotische Computerspiele zu kaufen – ganz zu schweigen von dem immensen Stress, dem Kinder bei Markenkleidung ausgesetzt sind. Diese Entgleisungen der Gesellschaft führen natürlich dazu, dass Kinder sehr markenbewusst werden und sich ständig beschweren, weil sie etwa noch nicht das neueste Handy besitzen. Kinder werden in der Welt der Erwachsenen permanent in diese Richtung gelenkt. Materielle Werte stehen immer mehr im Vordergrund, anstatt die natürliche kindliche Neugier und den Wunsch, die Welt zu entdecken, zu entwickeln.

Bei Ihnen zu Hause gibt es also keine Playstation?

Die modernen Medien sind neu, und wir müssen lernen damit umzugehen. Natürlich gibt es bestimmte Dinge, die wir reglementieren. So haben wir keine Playstation – denn eine Playstation ist in der Kreativitätsbildung eines Kindes einfach katastrophal. Sie müssen sich nur anschauen, wie stumpfsinnig Kinder bestimmte Videospiele erleben: Sie werden nervös, ziehen de facto überhaupt keinen persönlichen Gewinn daraus, und die Aufgabe, um die es geht, ist weder geistig, noch emotional oder physisch reizvoll. Die meisten Computerspiele sind selbstbezogen und in sich abgeschlossen. Es fehlt der Bezug zum realen Leben. Man nimmt nichts mit, sondern lebt in einer einsamen künstlichen Welt. Sobald man Kindern und Jugendlichen ein echtes Alternativangebot macht, finden sie das viel cooler. Wir machen mit den 16-, 17-jährigen Freunden unserer Kinder Spieleabende und spielen zum Beispiel UNO. Das Entscheidende ist dabei nicht mal das Spiel an sich, sondern die Kommunikation und das gemeinsame Lachen. Kinder mögen es, gehalten zu werden und ein Stück Orientierung zu spüren. Gerade in unserer Zeit brauchen junge Menschen klare Grenzen und zuverlässige Größen.

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